68. Song Contest mit zahlreichen Neuerungen

Der Eurovision Song Contest ist gleichsam pure Bewegung – und entsprechend ist auch das umfangreiche Regelwerk hinter dem Megaevent eine stets dynamische Angelegenheit, die sich seit der ersten Ausgabe 1956 von Jahr zu Jahr wandelt.

Mal gab es große Reformen, mal lediglich kosmetische Retuschen. Aber der heurige ESC von Malmö fällt zweifelsohne in die erstere Kategorie, haben sich die Produzenten doch zu mancher Neuerung entschlossen.

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Abstimmen, sobald der erste Teilnehmer auf der Bühne ist

So können ESC-Freunde heuer im Finale bereits abstimmen, sobald der erste Teilnehmer die Bühne betritt – der beliebte Countdown nach Präsentation aller Acts entfällt. Fans aus Ländern, die heuer gar nicht am ESC teilnehmen, können gar knapp 24 Stunden vor Beginn jeder Show abstimmen.

Eine weitere Reform ist der Umstand, dass die fünf größten Geldgeber und das Gastgeberland Schweden, die fix fürs Finale gesetzt sind, heuer erstmals ihre Songs in toto während der Halbfinale präsentieren können. Bis dato wurden nur als Clip kurze Ausschnitte gezeigt.

Neuerungen bei Startreihenfolge

Und schließlich gibt es Neuerungen in der Frage, wie die Startreihenfolge für das große Finale festgelegt wird. Bis dato zogen die Acts jeweils ein Los, das sie in der ersten oder zweite Hälfte des Abends positionierte. Die Showproduzenten reihten danach die Nummern nach dramaturgischen Gesichtspunkten. Nun ziehen die Länder entweder einen Antritt in der ersten Hälfte, der zweiten Hälfte oder die Variante „Producer’s Choice“. In letzterem Fall haben die Showverantwortlichen völlig freie Hand, wohin sie die betreffenden Auftritte positionieren.

Kleine Regelkunde für Malmö

– Der Wettbewerbssong darf nicht länger als drei Minuten sein. Politische Botschaften etwa auf T-Shirts oder Bannern, per Handzeichen oder verbal sind verboten. Es dürfen maximal sechs Menschen, aber keine Tiere auf der Bühne stehen. Der Interpret muss am Tag des Halbfinales zumindest 16 Jahre alt sein und darf die Sprache des Vortrags frei wählen.

– Einen garantierten Startplatz im Finale haben grundsätzlich immer die Vertreter der fünf größten Geldgeber der European Broadcasting Union (EBU) und der Titelverteidiger. 2024 bildet sich dieser erlauchte Kreis aus folgenden sechs Ländern: Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien als „Big Five“ sowie Schweden als Vorjahresgewinner.

– In den zwei Halbfinalen werden je zehn Finaltickets vergeben. Insgesamt matchen sich im Finale also 26 Acts um Europas Sangeskrone.

– Alle 37 Länder, die beim heurigen ESC teilnehmen, sind beim Finale stimmberechtigt – auch jene, die bereits in den Halbfinalen ausgeschieden sind. Zusätzlich sind auch heuer wieder Zuschauer aus Ländern abstimmungsberechtigt, die nicht am Bewerb teilnehmen. So wird es eine eigene Onlineplattform für dieses Publikum geben, deren Ergebnis zusammengerechnet wie die Stimme eines Landes gezählt wird.

– Auch eine weitere Neuerung des Vorjahres behält man heuer bei: In den beiden Halbfinals entscheidet lediglich das Publikum über Aufstieg oder Fall der Beiträge. Nachdem es 2022 zu Unregelmäßigkeiten unter den Jurys und dem Verdacht der gegenseitigen Unterstützung mancher Länder gekommen war, sind die Jurys für die Semifinale abgeschafft.

– Anders im Finale: Die Wertung eines Landes setzt sich hier aus dem Votum des Publikums via Anruf, App oder SMS sowie dem Votum einer fünfköpfigen Expertenjury zusammen. Dabei werden die beiden Teilergebnisse weiterhin im Verhältnis 50:50 gewichtet. Die besten zehn Titel werden mit 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 10 und 12 Punkten bewertet. Und selbstredend kann man nicht fürs eigene Land abstimmen.

– Die Punkte der Jurys und der Zuschauerabstimmung werden dabei nicht kombiniert, sondern einzeln gewertet. Konkret vergibt damit jedes Land also zweimal 12 Punkte. Zunächst stellen die Ländersprecher in gewohnter Manier am Finalabend nur die 12 Punkte der Jurywertung vor, während die Punkte 1 bis 8 sowie 10 eingeblendet werden. Für Österreich übernimmt diese ehrenvolle Aufgabe heuer bereits zum fünften Mal in Folge Ö3-Moderator Philipp Hansa. Dann ist das Publikumsvoting an der Reihe: Als Erstes werden die Publikumspunkte für jenes Land genannt, das am wenigsten Punkte von den Jurys erhalten hat. Der Gewinner des Juryvotings indes bekommt als Letztes seine Publikumspunkte genannt. Dieses System soll den Gewinner möglichst lange offen halten – und die Spannung steigern, sollten die Zuschauer das Prozedere verstehen.

– Sollte es trotz allen mathematischen Bemühungen am Ende einen Gleichstand zwischen zwei Ländern geben, gewinnt jenes Land, das vom Publikum höher bewertet wurde. Das Zuschauervotum hat in diesem Fall also Vorrang. Sollte auch die Zahl der Zuschauerstimmen für die beiden Songs genau gleich sein, liegt jener Song vorne, der aus mehr Ländern Publikumsstimmen bekommen hat. Sollte auch diese Zahl gleich sein, obsiegt jenes Land, das öfter 12 Punkte bekommen hat. Wenn auch dies keinen Sieger ermittelt, wird diese Regelung bis hinunter zu 1 Punkt fortgeführt. Und sollte der nun denkbar unwahrscheinliche Fall eintreten, dass sich auch bis zu Punkt 1 für beide Länder ein Gleichstand ergibt, wird das Land zur Siegernation gekürt, das die frühere Startnummer im Finale hatte. Zumindest in diesem Fall ist eine niedrige Startnummer also von Vorteil.

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