Niederlande nach „Vorfall“ raus aus dem ESC-Finale

Nun schaut Joost Klein durch die Finger © APA/AFP/TOBIAS SCHWARZ

Nur mehr wenige Stunde bis zum großen Finale des 68. Eurovision Song Contests – und die Nerven liegen blank. Bei der letzten Probe vor dem Megaevent in der Malmö Arena war etwa der irische Act Bambie Thug nicht live zu erleben – und äußerte zuvor laut der irischen Fernsehanstalt RTÉ die Erwartung an die EBU, Israel wegen Kommentaren im israelischen Fernsehen auszuschließen. Der französische Kandidat Slimane indes unterbrach sein Lied auf offener Bühne für eine Botschaft.

So hatte der Kommentator im israelischen Sender Kan während der Halbzeitübertragung die Zuseher vor der Gothic-Performance von Bambie Thug gewarnt, da diese die gruseligste des Abends sei und schwarze Magie und satanische Symbole beinhalte. Auch hatte er darauf verwiesen, dass sich Bambie Thug wiederholt israel-kritisch geäußert habe. „Nun ist noch mehr Ärger und deutlich mehr Antrieb in mir“, beschied Bambie Thug gegenüber dem Ausrichtersender RTÉ ihren Ansatz an den Auftritt am Abend. Die EBU beschied in einem Statement, dass man mit dem Sender KAN gesprochen und den respektvollen Umgang mit allen Kandidaten eingemahnt habe.

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Der französische Sänger Slimane indes stoppte in der laufenden Probe während seines Liedes und betonte, er sei Musiker geworden, um Menschen in Liebe zusammenzubringen. Und weiters, im Bezug auf das ESC-Motto: „United by Music – aber mit Liebe und in Frieden.“

Abseits der Debatte um das Antreten Israels beim Contest hat die EBU mit einer zweiten Front zu kämpfen: Der niederländische Sänger Joost Klein wird nach Beschwerde einer Produktionsmitarbeiterin nicht im Finale des 68. Eurovision Song Contest auftreten, wie wenige Stunden vor Beginn der Endrunde entschieden wurde. Der Grund seien polizeiliche Ermittlungen nach der Beschwerde einer Mitarbeiterin gegen Klein wegen eines „Vorfalls“, der sich am Donnerstagabend ereignet haben soll.

„Während die Ermittlungen laufen, wäre es unangemessen, wenn er weiter im Wettbewerb bleibt“, begründete die EBU in ihrem Statement den Ausschluss. „Wir möchten klarstellen, dass es – anders als in manchen Medienberichten und auf Social Media spekuliert – bei dem Vorfall nicht um eine andere Künstlerin oder Delegationsmitglied ging“, trat die EBU anderslautenden Berichten entgegen, die einen Zusammenhang mit der israelischen Delegation vermutet hatten.

Die Rundfunkunion verwies zugleich auf ihre Statuten: „Wir bleiben unserer Null-Toleranz-Politik gegen unangemessenes Verhalten bei unserer Veranstaltung treu. Wir verpflichten uns dazu, eine sichere Arbeitsumgebung für alle Mitarbeitenden am Contest zu bieten. Aus diesem Aspekt heraus ist Joost Kleins Verhalten gegenüber einem unserer Teammitglieder klar als Bruch der Regeln des Contests zu bewerten.“

Die harte Entscheidung, erstmals ein Land vom laufenden Bewerb zu disqualifizieren, ist der EBU sichtlich nicht leicht gefallen. Als während des gestrigen Juryfinales die Aufzeichnung des Halbfinalauftrittes von Joost Klein in der Halle projiziert wurde, gab es vom Publikum demonstrativen Jubel, während der verantwortliche EBU-Supervisor Martin Österdahl – ansonsten ein Liebling in der ESC-Blase, der mit seinem Kultspruch „You’re good to go“ die Bekanntgabe der Abstimmungsergebnisse einläutet – ausgebuht wurde. Schließlich war Joost Klein mit seiner Nummer „Europapa“ einer der Publikumslieblinge der heurigen Ausgabe und galt als Fixanwärter auf eine gute Platzierung.

Der niederländische Sender Avrotros, der den Sänger ins ESC-Rennen geschickt hatte, teilte auf seiner Website mit, man betrachte die Disqualifizierung als unangemessen und man sei „von dieser Entscheidung geschockt“: „Wir bedauern dies zutiefst und werden später darauf zurückkommen.“ Auch der niederländische TV-Moderator Cornald Maas sprach auf X (vormals Twitter) von einer beschämenden Entscheidung der EBU. Der Vorfall habe zudem nichts mit Israel oder der israelischen Delegation zu tun: „Der Vorfall ist kaum der Rede wert.“

Auch NPO, der öffentlich-rechtliche Rundfunk der Niederlande, bedauerte laut dpa die Disqualifizierung am Samstag: „NPO hält dies für eine sehr drastische Entscheidung.“ Für die Millionen von Song-Contest-Fans in den Niederlanden und in anderen Ländern Europas sei dies eine Enttäuschung. Man werde den Verlauf der Ereignisse nach dem Wettbewerb mit allen Beteiligten eingehend bewerten.

Nun findet das Finale ab 21 Uhr also mit nur 25 anstatt 26 Ländern statt. Die Teilnehmenden behalten dabei ihre Nummer. Eine Song mit Startnummer 5 wird es also einfach nicht geben. Auch die Möglichkeit, für Nr. 5 anzurufen, wird deaktiviert, teilte die EBU mit. Die Ergebnisse der bereits gestern erfolgten Jurywertung werden nach dem Ausschluss der Niederlande neu berechnet, sodass das jeweils nächste Land in der Liste nachrückt,

Wie chaotisch oder auch nicht das Spektakel heute Abend aus Malmö abläuft – ORF 1 überträgt live ab 21 Uhr, mit Andi Knoll, aber ohne Joost Klein.

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