Aida zwischen Pomp und Kammerspiel

Gelungene Premiere der berühmten Oper von Giuseppe Verdi im Linzer Musiktheater

Amneris (Elena Batoukova-Kerl) ein böser Geist? Sie erkennt am Ende, was sie Aida (Sonja Saric) und Radames angetan hat.
Amneris (Elena Batoukova-Kerl) ein böser Geist? Sie erkennt am Ende, was sie Aida (Sonja Saric) und Radames angetan hat. © Herwig Prammer

55 Jahre musste das Linzer Publikum warten, bis sich wieder ein Produktionsteam an die Inszenierung von Giuseppe Verdis „Aida“, einer der berühmtesten Opern überhaupt, heranwagte. Unter den aktuellen, sehr fordernden Rahmenbedingungen ist dieses Wagnis, wie die Premiere am Mittwoch zeigte, absolut gelungen.

Um nicht die Klischees der bekannten Veroneser „Aida“ zu bedienen, hat Regisseurin Sabine Hartmannshenn den unumgänglichen Massenszenen einige parodistische Elemente entgegengesetzt. Sie lässt im Zusammenwirken mit Stefan Heinrichs (Bühne) die Handlung auf einer Art Probebühne – quasi als Spiel im Spiel – ablaufen und macht aus der Not eine Tugend: Um „Masse“ zu erreichen, wirkt auch Personal des sonst unsichtbaren Bühnenhintergrundes (Bühnentechnik, Maske, Garderobe etc.) mit. Zudem illustrieren zwei Tanzpaare artistisch und musikalisch punktgenau die inneren Konflikte und Sehnsüchte der Königstochter Amneris, die so innerhalb des tragischen Liebesdreiecks zwischen Aida, Radames und Amneris inszenatorisch aufgewertet wird. Der Dramatik tut dies keinen Abbruch: Dem im Pomp des Triumphmarsches gipfelnden ersten Teil der Oper folgt ein auf das Wesentliche reduziertes Kammerspiel, das konträr zum geringeren Bühnenaufwand die Spannung der Tragödie stetig steigen lässt. Radames, siegreicher ägyptischer Feldherr, liebt Aida, die Tochter des unterlegenen äthiopischen Königs Amonasro. Er wird in eine verräterische Falle gelockt und zur Strafe lebendig begraben; Aida folgt ihm freiwillig in den Tod; die Radames ebenfalls liebende Amneris bleibt verzweifelt zurück.

Orchestrale Glanzleistung

Verdis Musik bringt das hochemotionale Potenzial des Geschehens genial zur Geltung, die vom Bruckner Orchester – finessenreich dirigiert von Markus Poschner – mit einer Glanzleistung vermittelt wird. Sonja Saric verleiht der Aida mit ihrem runden, wandlungsfähigen Sopran sehr schöne Konturen; der Mezzosopran von Elena Batoukova-Kerl versucht die Zerrissenheit der Amneris überwiegend dramatisch auszuloten. So wie in der Handlung auch, hat der im Forte strahlende Tenor Sung-Kyu Park (Radames) gegenüber den von Edith Kollath eher unvorteilhaft kostümierten Damen einen schweren Stand. Allerdings gestaltet er die Abschiedsarie „O terra, addio“ mit traumhaft gehauchtem Piano.

Als königliche Gegenspieler fungieren Michael Wagner und Adam Kim (Amonasro) mit klarer, sicherer Linie. Petar Naydenov lässt als Oberpriester die Dämonie der Priesterkaste spüren. Chor (Elena Pierini) und Extrachor (Martin Zeller) des Landestheaters gestalten ihre Aufgaben wie gewohnt sehr gut. Die Tänzerinnen und Tänzer Anna Bonatto, Katharina Glas, Urko Marzana und Lukas Ruziczka bringen gekonnt eine belebende bis irrationale Note ins Spiel. Den sehr freundlichen Schlussapplaus, in den sich (unverdiente) Buhs für das Inszenierungsteam mischten, stoppte die strenge Corona-Regel um Punkt 22 Uhr.

Von Paul Stepanek

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