Alles, was in einem Sommer passieren könnte

Christian Petzolds wunderbarer Film „Roter Himmel“

Nadja (Paula Beer) und Leon (Thomas Schubert) verbringen einen Sommer miteinander.
Nadja (Paula Beer) und Leon (Thomas Schubert) verbringen einen Sommer miteinander. © Schramm Film/Krüger

Christian Petzold kann so viel. Etwa, Beziehungen so zu zeigen, dass sie keinem Klischee entsprechen, unerwartet und dennoch nachvollziehbar verlaufen, dass wir uns in ihnen finden, obwohl sie uns fremd erscheinen. Der neue Film des deutschen Regisseurs („Transit“) heißt „Roter Himmel“ und sei ein deutscher Sommerfilm, wie der 63-Jährige sagt. Es ist also Sommer, als Leon (Thomas Schubert) und Felix (Langston Uibel) in ein Haus an der Ostsee fahren, um dort einen Roman zu schreiben (Leon) und eine Bewerbungsmappe für ein Kunststudium (Felix) zu erstellen. Dort wohnt aber schon Nadja (Paula Beer) den Sommer über. Man wird sich arrangieren können.

Aber Leon ist angefressen …

Könnte man, aber Leon kann nicht. Er ist vom ersten Moment an angefressen, genervt von Nadjas Anwesenheit, den Sexgeräuschen, die sie mit ihrem Lover Devid (Enno Trebs) produziert, von der Welt überhaupt — und wohl vor allem vom eigenen Unvermögen, sein zweites Buch zu schreiben, das in Sachen Erfolg dem ersten folgen soll. Christian Petzold erzählt also von diesen vier jungen Menschen, die einen Sommer miteinander verbringen. Das ist heiter, das ist kompliziert, das ist aber auch alles andere als unbeschwert, denn schon bei der Ankunft von Leon und Felix in dem Paradies am Meer wüten Waldbrände, die nach und nach den Himmel rot färben, die Protagonisten aber nicht weiter stören. Stören lassen sie sich auch nicht von Leons Verleger (Matthias Brandt), der kommt, um dem Autor zu helfen, oder besser gesagt, ihm mitzuteilen, dass der Entwurf für seinen zweiten Roman für die Tonne ist. Angezogen von der Jugend und dem Miteinander in dem Haus bleibt Helmut ein bisschen länger, doch als er plötzlich zusammenbricht, kommt das Unheil über die Vier und wütet unaufhaltsam und absolut zerstörerisch.

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Christian Petzold hat mit einem herausragenden Cast einen Film gedreht, der vielschichtig, tiefgründig, leicht und humorvoll zugleich ist. Petzold ist ein Meister der Geschichten, der Momente — wie jenem, in dem Leon heimlich Helmuts Bemerkungen zu den ersten Seiten seines Romans liest. Wissend um die Klatsche, die ihn gleich treffen wird, muss der junge Zweifelnde zuhören, wie Helmut ihm die eigenen Worte vorliest. Der Österreicher Thomas Schubert ist der perfekte Leon — spielt ihn zwischen Überheblichkeit und Unsicherheit, umgeben von Glück, das anzunehmen ihm schwer fällt. Paula Beer hat bereits im ersten Teil einer geplanten Trilogie, „Undine“, begeistert und tut dies auch diesmal.

Schon die Szene vom ersten Zusammenkommen der vier jungen Leute ist exzellent und mit viel Dynamik erzählt. Bereits jetzt ist spürbar, was alles passieren könnte in diesem Sommer.

Von Mariella Moshammer

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