„Angststimmung“: Vorwürfe gegen Josefstadt-Chef Föttinger

Josefstadt-Direktor Herbert Föttinger gerät unter Beschuss © APA/HELMUT FOHRINGER

Herbert Föttinger, Langzeitdirektor des Theaters in der Josefstadt, sieht sich laut einem Bericht des „Standard“ (Onlineausgabe) mit Vorwürfen konfrontiert. Zahlreiche aktuelle und ehemalige Angestellte sprechen darin von einer „permanenten Angststimmung“ in Bezug auf Föttingers Führungsstil. Weiters seien sexuelle Übergriffe eines Schauspielers unzureichend verfolgt worden. Das Theater kündigt eine Aufarbeitung an, Föttinger entschuldigte sich.

Konkret werden dem Direktor, der das Haus Ende der Saison 2025/26 an die derzeitige Chefin des Landestheaters NÖ, Marie Rötzer, übergibt, unter anderem Wutausbrüche vorgeworfen. Eine ehemalige Regieassistentin habe er nach einer Kritik ihrerseits angebrüllt und gedroht: „Ich könnte Sie sofort rausschmeißen.“ Föttinger hält dazu in einem Schreiben, das der APA vorliegt, fest, dass er sich nicht an den Vorfall erinnert und es keine Kündigung gegeben habe, vielmehr sei die Betroffene später als Mitarbeiterin in das Künstlerische Betriebsbüro gewechselt und habe erst später in ihrer Babypause selbst gekündigt.

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In dem Bericht wird Föttingers Führungsstil als Regisseur kritisiert: Föttinger gebe alle Schritte und Bewegungen auf der Bühne vor, wer Aspekte der Inszenierung in Frage stelle, werde vor dem gesamten Team bloßgestellt. Demütigungen und Wutausbrüche auf Proben seien „ganz normal“, so ein Ensemblemitglied.

„Sowohl der künstlerische Direktor Herbert Föttinger als auch Geschäftsführung und Stiftungsrat nehmen diese Anschuldigungen sehr ernst und widmen sich aktuell der Aufarbeitung und Klärung“, heißt es in einem der APA übermittelten Schreiben, dem auch ein internes E-Mail angehängt ist, in dem sich Föttinger am gestrigen Mittwoch an die Mitarbeitenden gewandt hat. „Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich für das Theater brenne, für die Josefstadt, für unsere gemeinsame Arbeit“, so Föttinger gegenüber der Belegschaft. „Ich weiß, dass ich deshalb mitunter hochemotional werde und dazu neige, die inhaltliche Konfrontation zu suchen, und hitziger debattiere als es notwendig wäre.“ Er wolle sich bei jenen entschuldigen, „die sich in der Zusammenarbeit mit mir gekränkt, herabgewürdigt oder unter Druck gesetzt gefühlt haben“.

Im Fall einer ehemaligen Ankleiderin, die im Jahr 2019 von einem Schauspieler mehrfach belästigt worden sei, habe das Theater nicht angemessen reagiert. Die Betroffene habe den Betriebsrat über die Vorfälle informiert, woraufhin der Schauspieler schriftlich kontaktiert wurde, zu weiteren Konsequenzen kam es zunächst nicht. Der Schauspieler dementierte in einer ausführlichen Stellungnahme die Anschuldigungen gegen ihn. Laut Föttinger habe man nach anwaltlicher Beratung vonseiten der Direktion eine Verwarnung an den Schauspieler ausgesprochen. Das Theater engagierte in weiterer Folge die Geschäftsführerin des Vereins AÖF, Maria Rösslhumer, für Seminare zum Thema Gewaltprävention. Deren Ziel sei auch die Erstellung eines Verhaltenskodexes gewesen, der jedoch nicht zustande gekommen sei, da es nur drei Workshops gab. Die Teilnehmenden hätten den Kodex dann selbst formuliert. „Das Einzige, was noch gefehlt hat, war die Unterschrift der Direktion“, sagt eine in dem Fall involvierte Betriebsrätin zum „Standard“. Der Kodex sei schließlich erst am 9. September unterschrieben worden, an jenem Tag, als der „Standard“ das Theater mit den Vorwürfen konfrontierte.

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Am Donnerstagnachmittag übermittelte das Theater der APA auch ein Statement von Thomas Drozda, Stiftungsvorstandsvorsitzender der Theater in der Josefstadt-Privatstiftung. Der Stiftungsrat sei in einer ersten juristischen Prüfung der Vorwürfe zu dem Ergebnis gekommen, „dass kein einzig strafrechtlich relevanter Vorwurf vorliegt“. Nichtsdestotrotz sei eine weitergehende, lückenlose Untersuchung der Anschuldigungen vorzunehmen, die bereits eingeleitet sei und unter Mithilfe externer Ombudsstellen sowie auch interner Vertrauensstellen durchgeführt werde.

„Die Ergebnisse dieser Auswertung sind abzuwarten“, so Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) gegenüber dem „Kurier“ (Onlineausgabe), die zugleich klarstellte: „Missbräuchliches Verhalten hat in Kunst und Kultur nichts verloren und muss endlich der Vergangenheit angehören. Das gilt ganz besonders für jene Institutionen, die zu großen Teilen durch öffentliche Gelder finanziert werden. Es ist für mich unerträglich, wenn inkorrektes oder gar missbräuchliches Verhalten mit der Freiheit der Kunst gerechtfertigt wird. Das muss aufhören.“

Und auch Veronica Kaup-Hasler, SPÖ-Kulturstadträtin, machte gegenüber dem „Kurier“ deutlich, dass nun viel von der angekündigten Untersuchung abhänge: „Die Stadt Wien als Fördergeberin erwartet sich den Bericht einer lückenlosen Aufklärung.“