„Chantal im Märchenland“: Assiprinzessin mit Aufklärungsmission

Im „Fack ju Göhte“-Ableger muss sich Jella Haases Kultfigur gegen Ritter, Drachen und das Patriarchat durchsetzen

Jella Haases Chantal muss sich auch gegen Ritter durchsetzen.
Jella Haases Chantal muss sich auch gegen Ritter durchsetzen. © Constantin Film Verleih

Jetzt heißt es stark sein, liebe Follower: Chantal ist zurück. Die von Jella Haase dargestellte Kultfigur aus der „Fack ju Göhte“-Filmreihe darf sich in „Chantal im Märchenland“ in einem eigenen Kinoabenteuer beweisen. Für die Möchtegerninfluencerin mit losem Mundwerk bedeutet das nicht nur viel Arbeit, sondern auch eine Aufklärungsmission, muss sie doch in fantastischer Umgebung einiges zurechtrücken.

Nach dem durchschlagenden Erfolg der Trilogie um Elyas M’Barek als unwahrscheinlichen Vertretungslehrer, der einer Klasse von spaßorientierten Außenseitern beim Erwachsenwerden hilft, war ein Spin-off nur eine Frage der Zeit.

Mit Chantal hat sich Regisseur und Drehbuchautor Bora Dagtekin die naheliegendste Figur ausgesucht: Haase brillierte schon bisher als vorlaute Teenagerin, der via Instagram-Account zu Bekanntheit und Reichtum gelangen wollte, dabei aber eher mit Oberflächlichkeit und Naivität punktete — wenn man es freundlich ausdrückt.

Beauty-Hacks im schlecht ausgeleuchteten Bad

Nun steht sie gemeinsam mit „BFF“ Zeynep (Gizem Emre) jedenfalls vor der Herausforderung, den bestandenen Schulabschluss mit einer sinnvollen Ausbildung zu krönen. Chantal wäre aber nicht Chantal, würde sie stattdessen nicht lieber ihrer (leider sehr überschaubaren) Online-Gefolgschaft Beauty-Hacks im schlecht ausgeleuchteten Bad vermitteln. Dass Sekundenkleber und das perfekte Duckface nicht gut harmonieren, versteht sich da von selbst.

Also ab ins nahe gelegene Jugendzentrum, wo die beiden Freundinnen WLAN schnorren und sich von den Kids aufziehen lassen müssen. Alles beim Alten also, würde da nicht ein ominöser Spiegel herumstehen, der Chantal und Zeynep flugs in eine ganz andere Zeit verfrachtet …

Ab in ein zuckrig glänzendes Märchenreich

Der Titel legt es nahe: Es geht für Chantal ab in ein zuckrig glänzendes Märchenreich, in dem sie als selbsttitulierte Assiprinzessin für Recht und Ordnung sorgen muss. Denn schnell wird klar, dass mit den Königen, Rittern und Prinzessinnen einiges nicht stimmt — allen voran im Sinne der Gleichberechtigung.

Wenn also Prinzessin Amalia (Maria Ehrich) das Schwert aus dem Stein zieht, heimst dafür ihr Verlobter Artolf (Frederick Lau) die Lorbeeren ein. Andererseits muss Prinz Bosco (Max von der Groeben, in der Originalreihe als Danger für Fäuste und Sprüche bekannt) endlich damit klarkommen, dass er eigentlich keine Prinzessin wach küssen möchte, sondern sich eher zu seinem Knappen hingezogen fühlt.

Man merkt schon: Die Märchen aus dem Hause Grimm oder aus 1.001 Nacht werden ordentlich auf Heute gebürstet, was natürlich auch an Chantal und Zeynep liegt. Die wollen nämlich zurück in ihre Welt, wofür sie allerdings einige Hindernisse überstehen müssen.

Maria Happel als amüsante Fee Funkelchen

Eine kleine Hilfe ist Maria Happel als amüsante Fee Funkelchen, während Nora Tschirner im dunklen Wald als missmutige Chefin eines Hexenzirkels für Anerkennung der Frauenrechte kämpft. Und wurde schon erwähnt, dass Rotkäppchen den Wolf ganz eigenhändig erlegt hat? All das will der König natürlich nicht wahrhaben, weshalb er seinen Geschichtenerzähler samt Zauberfeder dazu zwingt, die Märchen ganz in patriarchalen Mustern zu halten. Nur hat er nicht mit Chantal als Erfüllerin einer „Prophezeitung“ gerechnet.

Dagtekin setzt ganz auf ein eingespieltes Team und seine altbewährte Erfolgsformel: Mit ordentlichem Tempo wird bei „Chantal im Märchenland“ durch Schauplätze und Handlungsstränge gehetzt, weshalb man auch dranbleiben muss, um die diversen Märchenreferenzen alle zu erkennen.

Zusammengehalten wird das turbulente Geschehen von Haase, die sich einer klassischen Heldinnengeschichte hingeben, eine kleine Romanze erleben und sogar gegen ein Drachen antreten darf. Aber am wichtigsten ist ihr trotzdem immer noch ihr Smartphone, oder nicht?

Jedenfalls will Chantal mit „diesen Opfermärchen“ ein für alle Mal aufräumen. Vorhaben geglückt. Wer schon mit „Fack ju Göhte“ glücklich wurde, erhält hier einen perfekt gemachten Nachschlag, der die Fantasyseele besänftigt.

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