Christoph Maria Herbst betont: „Bin kein Arsch.“

Christoph Maria Herbst hat keine Schere im Kopf und bringt selbst „Stromberg“ ins Spiel

Christoph Maria Herbst ist froh, Schauspiele (und nicht Anwalt) zu sein.
Christoph Maria Herbst ist froh, Schauspiele (und nicht Anwalt) zu sein. © APA/Neubauer

Es werde nicht der neue James Bond, „verspricht“ Christoph Maria Herbst. Nichtsdestotrotz ist der deutsche Schauspieler derzeit im Kino omnipräsent, unter anderem in Sönke Wortmanns „Contra“.

Im Dezember feiert „Der Nachname“ Premiere, im Jänner kommt ein neuer „Hui Buh“ mit ihm auf die Leinwand.

VOLKSBLATT: Professor Pohl, Ihre Figur in „Contra“, ist ja nicht unbedingt ein Sympathieträger. Würden Sie nicht lieber den netten Kerl spielen?

CHRISTOPH MARIA HERBST: Habe ich doch gerade! Parallel läuft gerade „Es ist nur eine Phase, Hase“ des Oscarpreisträgers Florian Gallenberger im Kino. Da spiele ich einen total Netten. Der ist voller Empathie, der kämpft um die Liebe seiner Frau und seiner drei Kinder. Da habe ich auch volles Haar und einen dicken Bauch. Da bin ich wirklich ‘mal ein ganz anderer. Es ist eine schicksalshafte, pandemische Fügung, dass gerade diese beiden Filme gleichzeitig auf der Leinwand zu sehen sind. Es hat mir aber auch Spaß gemacht, den Pohl zu spielen. Das ist ein brillanter Kopf, der ist gut geschrieben. Das sind Texte, die man als Schauspieler gerne spricht. Da leckt man sich alle Finger nach! Und er ist so eine herrlich analoge Figur.

Haben Sie mit dem Professor etwas gemeinsam?

Paul Mann aus „Es ist nur eine Phase, Hase“, der ist irgendwie stehen geblieben in seinem Leben. Das hat jetzt erstmal mit mir nicht viel zu tun. Und der latent rassistische Professor, der alles niederstückelt mit dem Fallbeil der deutschen Sprache, hat mit mir ehrlicherweise auch nicht viel zu tun. Ich selbst bin von Haus aus erstmal kein Arsch! Und der Sönke Wortmann guckt auch genau, mit wem er seine Lebenszeit verbringt.

Die junge Migrantin trifft in „Contra“ auf den reiferen weißen Mann. Wer der beiden ist denn in der Krise?

Die beiden haben sich zumindest nicht gesucht und gefunden. Das ist ein Geben und Nehmen. Er hat ‚was davon: Aus seiner persönlichen Krise, nämlich übertrieben rassistisch gewesen zu sein, wieder rauszukommen. Und sie hat auch ‚was davon. Sie weigert sich ja zuerst, lernt dann aber von dem brillanten Kopf und kann damit ihre Krise, von allen Kanzleien abgeschmettert zu werden, abwenden und dann doch wo unterkommen.

Ein Thema des Films ist ja diese Krux mit der „political correctness“. Wie halten Sie es denn damit? Drehen Sie einen Satz im Geiste dreimal um, bevor Sie ihn aussprechen?

Ich rede eigentlich, wie mir der Schnabel gewachsen ist. Ich habe nicht ständig so eine Schere im Kopf und denke mir: Huch, ist das jetzt auch gendergerecht? Sagen wir mal so: Ich komme aus einem guten Stall, meine Eltern haben mich so erzogen, dass mir bewusst ist, was man mit Sprache anrichten kann. Und es ist nicht so, dass ich vor Shitstorms in den Sozialen Medien Angst hätte. Weil ich mich selbst in Sozialen Medien nicht aufhalte, also ich würde so einen Shitstorm gar nicht mitbekommen. Ich bin jetzt von Haus aber auch nicht der große Provokateur.

Denken Sie, dass für die Geschichte, die in „Contra“ ja auch mit viel Subtext erzählt wird, die Komödie das richtige Genre ist?

Ich denke, wir sind alle aus pandemischen Gründen ganz schön durchgeschüttelt und sind alle auch so ernst geworden. Ich finde, die Zeit schreit geradezu nach Komödien. Das ist, aus verschiedensten Gründen, gerade der richtige Film zur richtigen Zeit.

Ist das komödiantische Fach auch Ihr liebstes?

Ich halte es nach wie vor für die Königsdisziplin. Ich meine, ich hätte ehrlicherweise auch ‚mal nichts dagegen, in einem Krimi oder Thriller zu spielen. Aber ich besetze mich eben nicht selbst. Und ich finde es schon toll, wenn man so leichtfüßig daherkommt, es dann aber doch noch so eine Art Botschaft hat.

Ein Satz aus dem Film lautet: „Sie müssen lernen, nichts persönlich zu nehmen“. Der ist wohl auch für einen Schauspieler nicht unwichtig. Gelingt Ihnen das immer?

Ne, immer sicherlich nicht, weil ich ein Mensch bin und keine Maschine. Aber da hilft einem dann schon die Erfahrung. In vielen Kritiken steht noch immer „Stromberg“-Darsteller, Christoph Maria Herbst, wo ich mir denke: Mein Gott, „Stromberg“ ist seit sieben Jahren tot. Aber es spielt in so manchem Kopf noch immer eine Rolle. Da könnte ich mich etwa darüber aufregen, oder traurig sein, oder es eben persönlich nehmen, weil ich denke, dass mir da jemand eins auswischen will. Man könnte genauso die Perspektive ändern und sagen: Guck mal, mir ist damals eine Figur gelungen, die immer noch nachklingt und überzeugend war. Also, es als großes Kompliment verstehen. Die Botschaft bestimmt ja oft auch der Empfänger. Es ist auch für die Streitkultur ganz gut, dass man dem anderen nicht das abgrundtief Böse unterstellt.

„Die Wahrheit ist sekundär“ – ein Satz, der in Zeiten der „alternativen Fakten“ schon Angst macht, oder?

Das macht mir schon Angst, aber ich bin letztlich ein unverbesserlicher Optimist und denke, dass die Wahrheit immer wieder einen Weg findet. Es macht mir mehr Angst, wenn der Satz zutrifft, den Professor Pohl von sich gibt, dass es nicht um die Wahrheit gehe, sondern darum, Recht zu haben. Da würde ich als unverbesserlicher Romantiker schon unser komplettes Rechtssystem in Frage stellen. Aber ich glaube, es ist tatsächlich so, dass Anwälte auch mit besserem Wissen jemanden verteidigen, von dessen Unschuld sie nicht überzeugt sind. Aber das ist nun mal ihr Beruf. Ich bin abermals froh, nur Schauspieler zu sein.

Mit CHRISTOPH MARIA HERBST sprach Mariella Moshammer

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