Der heilige Wolfgang – Lauser, Faust und Superstar

Premiere auf der neuen Seebühne im Wolfgangsee: Franzobels „Wolf – das Mystical“

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Zum 1100. Geburtstag des See- und Orts-Namenspatrons von St. Wolfgang baute man dem Heiligen eine große Bühne in den See. Franzobel schrieb ein Libretto und Gerd Hermann Ortler die Musik zum Musical „Wolf-das Mystical“. Am Donnerstag war umjubelte Premiere.

Dreifach schizophren sei die katholische Kirche, meint der Teufel. In vielen Gestalten stehen Fakten der Legende gegenüber, drei surreale Gestalten, eine schrille queere Dreifaltigkeit dient als Überbau aus der Gegenwart und kommentiert oder relativiert die Ereignisse. Obwohl die Story entlang der historischen Karriere und dem politischen Hintergrund zwischen Zeiten und Orten springt, bleibt die chronologische Entwicklung der Persönlichkeit des später Heiligen von der Geburt an schlüssig, vor einem stets kritischen Blick auf die katholische Kirche und das Heiligsein generell.

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Der Lausbub Wolfgang steht in seiner Schulklasse im Verdacht, in die Milchkanne gepinkelt zu haben, wird daher vom Lehrer gnadenlos verprügelt. Seiner ersten Liebe Kathi (Bianca Basler) verspricht der Junge im Duett „Eines Tages wird es Speckwürfel regnen und Zucker schneien“. Schulkollege Heinrich bleibt ihm lebenslänglich liebender Freund und Protegé. Subtil doppelbödig agiert James Park als Kirchenfürst und homoerotisch Liebender. Durch ihn gerät Wolfgang nach Rom, der „lüsternen Riesin“. Eindrucksvoll repräsentieren Dennis Kozeluh und Martin Berger als Papst und Erzbischof die Verkommenheit katholischer Machtstrukturen.

Als Wolfgangs schwangere Mutter „Ich trage einen Stern in mir“, tritt Katja Berg mit einer klassischen Musical-Ballade auf. „Ä Büable“ heißt es nach der Geburt des kleinen Wolfgang im schwäbischen Pfullingen. Diese Herkunft schlägt sich immer wieder in schwäbischen Dialektausflügen und phonetischen Spötteleien nieder.

Am Ende des ca. 80-minütigen ersten Teils schleudert Wolfgang sein legendäres Beil Richtung Publikum. Nach der Pause findet es sich im Schädel des Teufels. Der outet sich als „Teil jener Kraft“, die er schon bei Goethe und Faust vertrat. Als Lohn für seine Hilfe beim Kirchenbau fordert er jene Seele, die als erstes die Schwelle des neuen Gotteshauses überschreitet. Durch einen raffinierten Trick des Schicksals geht sie ihm aber verloren und das Stück erhält seinen Titel. Bühnenbild (Eduard Neversal) und Choreo (Jerome Knols) bieten ein Glanzstück beim Bau der Kirche.

Herrlich diabolisch gestaltet Kaj Lucke den Teufel als ständiger Gefährte, Versucher und Widersacher des Heiligen. Musikalisch kracht er ins Kyrie Eleison einer Prozession wie einst Judas in Jesus Christ Superstar. Und wenn am Schluss Wolfgang sein Heiligsein in Elvis-Klamotten super findet, ist das Vorbild so eindeutig, wie die ultimative Erkenntnis, dass mithilfe des Ortsheiligen bis heute die Geschäfte florieren.

Konstantin Zander als Wolfgang wandelt sich glaubwürdig zum wahrhaft Heiligen, zieht nur „ungern gegen die Ungarn“, widersagt dem Teufel, der zuletzt höchst infam die Kathi als ultimative Versuchung „geh wieder in die Welt“ benutzt. Dem pompösen Chor „Auserwählt“ kontert der Geläuterte nur schnoddrig „Des a nu“, singt gleich drauf ein überzeugtes „Ja ich will ein Heiliger sein“. Vorbeugend gegen eine Überdosierung des Katholischen dienen Kalauer, Wortspiele oder Zeitsprünge. Die Inszenierung hütet sich vor sentimentalem Glaubensgehabe, bläst die Gefahr auf und treibt sie ins Lächerliche.

In himmlischen Höhen musiziert das 18-köpfige Mystical Orchester unter der Leitung von Christoph Huber. Der musikalische Bogen spannt sich von frühchristlichen Chorälen über Musicalballaden bis Hip-Hop, Jazzigem und Bigband Sound. Feine Töne verbal wie musikalisch gehen in der Lautstärke unter.

Beginn 19.00 Uhr steht im Programm. Es ist die Abfahrtszeit des Schiffes zur Bühne. Bis alle Besucher verschifft und platziert sind, dauert es eine knappe Stunde. Zeit, den weiten Blick über den ruhigen See zu genießen und sich auf den Heiligen einzustimmen.

Bühne und Zuschauerraum sind überdacht. Warme Kleidung empfiehlt sich aber auch an lauen Abenden, denn kühl zieht die Luft vom See. Randplätze sind bei Regen ungeeignet. Nach einer knapp dreistündigen Vorstellung zurück auf dem lauschigen Fußweg wieder zu den Schiffen. Für das volle Programm um den Heiligen sollte man schon an die fünf Stunden einrechnen.

Ein pompöses Spektakel mit eingängiger Musik um den Ortspatron, für das es nach der Premiere riesigen Applaus gab. Die zehn Abende zwischen dem 23. Mai und dem 22. Juni sind auch schon fast ausverkauft.

Von Eva Hammer

Infos: www.wolfmystical.at

www.ticketing.salzkammergut.at

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