„Der Jedermann ist ein ganz blödes Stück“

Harald Schmidt im Gespräch mit Claus Peymann

Harald Schmidt im Gespräch mit Claus Peymann. Da ist ein volles Haus garantiert. So auch am Montag im Rahmen der Salzkammergut Festwochen im Stadttheater Gmunden. Das Publikum hatte es nicht zu bereuen, an diesem Sommerabend von der Esplanade in den Theatersaal übersiedelt zu sein.

Kurzweiliger Abend

Zwei Stühle auf der Bühne, mehr braucht es nicht. Die beiden Protagonisten des Abends reichen für kurzweilige eineinhalb Stunden zwischen Unterhaltung und Nachdenklichkeit.

Schauspieler und Entertainer Harald Schmidt versteht es zum Auftakt, die Gekommenen mit ein paar charmanten Bemerkungen in Stimmung zu bringen, ehe die 86-jährige Theaterlegende erscheint. Und von Anfang an ist klar: Peymann kann man mögen oder — um ein Lieblingswort von Thomas Bernhard zu strapazieren — hassen, ein Dazwischen ist nicht möglich. Das Regie-Urgestein macht kein Hehl aus seinen Einstellungen, weder aus seiner linken Ideologie noch aus seiner Kritik an heutigem Bühnengeschehen und — besonders nachhaltig — nicht aus seiner Sorge um unsere Welt und Gesellschaft. Niemand hätte es für möglich gehalten, dass es nach den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs noch einmal einen Krieg in Mitteleuropa geben würde, sagt Peymann.

Klima-Kleber-Verständnis

Immer wieder fällt das Stichwort „Traum“. Vor allem junge Menschen seien es, die ihren Traum von einer besseren Gesellschaft verwirklichen wollen und müssten. In diesem Zusammenhang zeigt Peymann auch Verständnis für die Klimaaktivisten, „ich verstehe nicht, wieso junge Leute, die sich für ihre Träume auf die Straße kleben, kriminalisiert werden“, so der „Alt-Aktivist“.

Einen anderen Traum habe er aufgegeben, sagt Peymann, „nämlich den Traum, dass das Theater die Welt verbessern kann“. Die nachhaltige Wirkung des Theaters sei klein, „Theater ist Kunst für den Augenblick“. Trotzdem sei die Welt durch Schauspiel oder Musik „für eine endlos lange Sekunde schön“. Erwartungsgemäß bekommen an diesem Abend auch die Salzburger Festspiele — „dieses Luxusfestival“ — ihr Fett ab. Er habe in den vergangenen Tagen zwar interessante, berührende Erlebnisse in Salzburg gehabt, aber „der Jedermann war furchtbar, das ist im Grunde ein ganz blödes Stück“, meint Peymann. Ihm täten die dort auftretenden Schauspieler leid.

Ebenfalls Thema ist „naturgemäß“ Thomas Bernhard, mit dem Peymann ja ein enges Verhältnis und eine fruchtbare Zusammenarbeit hatte. Vor allem das Stück „Heldenplatz“ mit all seinen Folgen sei enorm wichtig gewesen, „nach diesem Stück konnten sich die Österreicher, was den Nationalsozialismus betrifft, nicht mehr rausreden, sie waren schuldig“, sagt Peymann, der übrigens jetzt wieder Bernhards Stück „Minetti“ am Münchner Residenztheater inszeniert (Premiere 28. Oktober). Und auf die Frage von Harald Schmidt, warum er mit 86 immer noch weiter arbeite, antwortet Peymann: „Ich habe ein sehr teures Haus in Berlin und bin daher gezwungen, immer noch zu inszenieren“. Das freilich nimmt man dem begeisterten „Theatermacher“ nicht wirklich ab.

Von Werner Rohrhofer

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