Die Erinnerung an ihn geht nicht unter

Volksschauspieler Karl Merkatz im Alter von 92 Jahren in Salzburg verstorben

V. l.: Karl Merkatz als „Mundl“ Sackbauer, als Bockerer und bei der Verleihung des Preises für sein Lebenswerk am Wiener Filmball 2013.

Die Silvesterfolge von „Ein echter Wiener geht nicht unter“ wird er heuer nicht mehr sehen. „Die schaue ich mir immer an, weil die sehr köstlich ist“, erzählte Karl Merkatz noch vor zwei Jahren anlässlich seines 90ers im VOLKSBLATT-Interview.

Der große Volksschauspieler ist am Sonntag, wenige Tage nach seinem 92. Geburtstag, in seinem Haus im Salzburgischen Irrsdorf für immer eingeschlafen.

Rau, aber herzlich als Mundl und Bockerer

Bei einem breiten Publikum bekannt und beliebt gemacht haben Merkatz zwei legendäre Figuren: eben der Edmund „Mundl“ Sackbauer in Reinhard Schwabenitzkys TV-Serie „Ein echter Wiener geht nicht unter“ und der Fleischhauer Karl Bockerer aus den gleichnamigen Filmen — zwei raue, aber herzliche Proletarier.

Zu Ersterem wahrte Merkatz stets eine gewisse Distanz, um eine allzugroße Identifikation mit seiner Person zu vermeiden: „Das war eine sehr schöne Rolle, aber ich bin das ja selber nicht.“ In den Bockerer hingegen legte er — selbst im Krieg aufgewachsen — die eigenen „Empfindungen aus dieser Zeit“.

Geboren am 17. November 1930 als Sohn eines Werkzeugmachers und einer Weberin wuchs Merkatz in Wiener Neustadt auf und entdeckte schon früh seine Liebe zur Schauspielerei: „Als Zehnjähriger habe ich Kasperltheater für Kinder im Haus gespielt. Ich habe mir vom Tischler gegenüber Holz besorgt und ein Theater gebaut. Mit 15, 16 habe ich mit zwei Freunden im Keller der Vorstadtkirche eine kleine Bühne gebaut und für die alten Weiberl gespielt“, erzählte Merkatz im Interview. Doch der Berufswunsch gefiel den Eltern nicht, die Mutter nannte die Schauspielerei einen „Hungerleiderberuf“, der Sohn lernte „mit Not und Pflicht“ zunächst Tischler.

Das Geld, das er verdiente, ermöglichte es ihm, nach Zürich zu gehen und dort die Schauspielschule zu besuchen. Nach zwei Semestern schmiss ihn jedoch die Fremdenpolizei aus dem Land, weil er eigentlich als Arbeitskraft eingereist war. Am Mozarteum in Salzburg setzte er daraufhin seine Ausbildung fort: „Dort habe ich effektiv Theaterspielen gelernt.“ Bei der Abschlussprüfung wurde sein Talent mit dem Preis für den Besten — 7000 Schilling — gewürdigt. Nach der Zeit am Mozarteum freundete er sich mit einem gewissen Thomas Bernhard an: „Wir haben uns sehr gut verstanden, sind ins Kaffeehaus gegangen und haben geplaudert. Es war natürlich etwas schwierig mit dem Bernhard, weil er sehr knapp war und sehr korrekt.“

Nach 48 Bewerbungen fing Merkatz am Kleinen Theater in Heilbronn am Neckar an: „Dort musste ich alles machen: Requisiteur, Souffleur, Bühnenarbeiter …“ Eine kleine Rolle in einem Nestroy-Stück war sein erster Auftritt. Dann kamen langsam Angebote, Stationen wie Nürnberg, Köln, das Thalia Theater in Hamburg, die Münchner Kammerspiele folgten. Knapp zwanzig Jahre war Merkatz in Deutschland tätig. In Heilbronn lernte er seine Frau Martha kennen, mit der er seit 1956 verheiratet war.

Merkatz hat in seinem Schauspielerleben mehr als 250 Film- und Fernsehrollen gespielt — und damit heimische Film- und Fernsehgeschichte geschrieben — und ist in über 150 Stücken auf der Bühne gestanden. Er spielte viele Nestroy-, Raimund- und Shakespeare-Rollen. Auch aus Operetten und Musicals — Stichwort „Der Mann von La Mancha“ –, kennt man ihn. Eines seiner Lieblingsstücke war Samuel Becketts „Warten auf Godot“. Am Burgtheater und bei den Salzburger Festspielen 2005 war er in „König Ottokar“ zu sehen und im „Jedermann“ als armer Nachbar.

2009 gab Merkatz seinen Abschied von der Theaterbühne bekannt. Nachdem er ab 2008 erfolgreich sein Kabarettprogramm „Der Blunzenkönig“ auf die Bühne brachte, kam das Stück 2015 mit ihm in der Hauptrolle auch in die heimischen Kinos.

Auf 13 Folgen brachte es die TV-Serie „Der Spritzen-Karli“. Für „Anfang 80“ schließlich erhielt er 2013 unter anderem den Österreichischen Filmpreis als bester Hauptdarsteller. Aber auch von offizieller Seite gab es zahlreiche Ehrungen, etwa das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst.

„Schauspielerei ist ein Beruf, der nicht aufhört“

„So bin ich“ heißt seine 2005 erschienene Autobiografie (Styria Verlag), „Ein Schamerl braucht vier Haxen“ war der Titel seiner 2015 von Christoph Frühwirth aufgezeichneten Erinnerungen (Amalthea Verlag). Bis zuletzt blieb Merkatz seiner Kunst treu: „Schauspielerei ist ein Beruf, der nicht aufhört.“

Von Melanie Wagenhofer

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