„Die Flut – Tod am Deich“ im ORF: Viel Österreich an der Nordsee

Iven (l) möchte Wienke (Philine Schmölzer) vor der Wahrheit beschützen.
Iven (l) möchte Wienke (Philine Schmölzer) vor der Wahrheit beschützen. © ORF/ARD Degeto/Nordfilm GmbH/Christine Schroeder

So viel Österreich hat man an der Nordsee selten gesehen: Für den Fernsehfilm „Die Flut – Tod am Deich“ nahm nicht nur Andreas Prochaska am Regiesessel Platz und standen Philine Schmölzer, Janina Stopper sowie Franziska Weisz vor der Kamera. Auch spielte das ORF Radio-Symphonieorchester Wien (RSO) die Musik von Karwan Marouf ein. Zu sehen und hören gibt es das Drama rund um eine Sturmflutnacht und deren gravierende Folgen am Samstag, 27. April, um 20.15 Uhr auf ORF 2.

Es ist eine äußerst ungemütliche Nacht mit Starkregen und Sturm, die über Stegebüll hereinbricht und die Deiche über Gebühr prüft. Der Deichgraf Hauke Haien und seine Frau Elke überleben das Unwetter nicht. Deren junge Tochter verschwindet und wird von vielen für tot erklärt.

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Dass es nicht so ist, kristallisiert sich in dem Drama mit Mystery-Touch und hübschen Landschaftsaufnahmen rasch heraus. Wienke Haien (Philine Schmölzer) lebt 15 Jahre später als ruhige, aber bestimmte junge Frau mit Behinderung in Hamburg und wird eines Tages auf den rauchenden und saufenden Iven (Anton Spieker) samt knarzender Lederjacke und Aggressionsproblem aufmerksam, der einst als Assistent ihres Vaters tätig war. Gemeinsam mit ihm will sie ihre Vergangenheit, und was einst wirklich mit ihren Eltern geschah, ergründen.

Aus einem kleinen Roadtrip in den Norden wird bald viel mehr: ein Spiel rund um Macht, Eifersucht, Grund und Boden sowie den Wettlauf der Technologie gegen den Klimawandel und dessen schwere Auswirkungen.

Die Produzenten haben viele Jahren lang versucht, diesen Film, der an Theodor Storms Novelle „Der Schimmelreiter“ angelehnt und frei nach dem 2001 erschienenen Roman „Hauke Haiens Tod“ von Andrea Paluch und dem heutigen deutschen Vizekanzler Robert Habeck erzählt ist, zu realisieren.

Mit Prochaska gelang es der Nordfilm in Koproduktion mit der ARD Degeto und dem ORF schließlich. Der Wiener drehte den Film 2022 in 27 „sehr intensiven Tagen“, sagte er im Rahmen eines Pressegesprächs. „Dort ist alles Naturschutzgebiet. Die Deiche sind heilig. Daher gab es sehr strenge Auflagen“, schilderte er. Auch spielte das Wetter nicht immer mit — neben bitterkaltem Wind setzte auch Regen der Crew zu. Die Landschaft biete Überraschungen, „aber zur richtigen Zeit wird man richtig belohnt“, so der routinierte Regisseur („Das finstere Tal“).

Angetan zeigte sich der Regisseur auch von Schmölzer (26), die ihn bei einem Casting nach anfänglicher Skepsis ob ihrer mit dem Norddeutschen schwer in Einklang zu bringender österreichischen Herkunft „umgehauen“ habe. „Sie hat den Sprachtest bestanden und das zeigt von großem Können. Man konnte in ihrem Gesicht versinken. Was hinter ihren Augen passierte, war total interessant“, schwärmte Prochaska.

Verlassen konnte sich der Regisseur zudem auf Karwan Marouf. Der Komponist schuf schon erste Soundgebilde und Melodien bevor gedreht wurde.

„Mir ist wichtig, einen Film zu hören, bevor ich drehe“, so Prochaska, der es als „schwierig“ bezeichnete, wenn Filmmusik diktiert, was man fühlen soll: „Das Wichtigste ist die Pause. Wirkung kann man nur erzielen, wenn man dafür Platz schafft. Das hat man nicht, wenn dir über die ganze Dauer der Schädel weichgetrommelt wird.“

Ähnlich sieht es der Komponist selbst. Einen guten Soundtrack mache aus, „dass man ihn nicht hört, aber nachträglich summt“. „Filmmusik sollte die meiste Zeit Begleiter sein. Manchmal ist es aber auch ok, alle Registerkarten zu ziehen“, so Marouf, der für „Die Flut – Tod am Deich“ etwa auf zarte bis aufwühlende Streicherklänge setzte und auch eine Gitarre zum Zug kommen lässt.

Als „echtes Geschenk“ bezeichnete Prochaska, dass das RSO Wien die Musik einspielte. Das war gar an einem Tag erledigt, erklärte Angelika Möser, die künstlerische Leiterin des Klangkörpers.

Im Radiokulturhaus fände man hervorragende Bedingungen und Technik am neuesten Stand vor. Zudem seien die RSO-Musikerinnen und -Musiker sehr flexibel und lernfähig, was bei den oft sehr kurzfristigen Anfragen essenziell sei.

Die Aufnahme von Filmmusik sei mittlerweile eine der Kernaufgaben des RSO, sagte Möser. Zum Einsatz kam das Orchester etwa bei so manchem „Landkrimi“, „Vienna Blood“ oder auch dem Kinofilm „Die Theorie von Allem“, der für die beste Filmmusik beim Deutschen Filmpreis 2024 nominiert ist. Generell werde die Musik für Filme häufig elektronisch produziert. Aber: „Ein Orchester ist ein Luxus, den man definitiv hört“, zeigte sich Möser vom Mehrwert überzeugt.

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