Die Gewalt, die sie selbst erfuhr

„Das tiefschwarze Herz“: J.K. Rowlings Krimi zum Hass im Netz

J. K. Rowling, „Harry Potter“-Schöpferin, schreibt seit fast einem Jahrzehnt als Robert Galbraith Krimis.
J. K. Rowling, „Harry Potter“-Schöpferin, schreibt seit fast einem Jahrzehnt als Robert Galbraith Krimis. © APA/AFP/Tolga Akmen

Spätestens bei einer Episode ihres neuen Buches wird klar, dass es hier um mehr geht als nur eine ausgedachte Geschichte: Im Krimi „Das tiefschwarze Herz“, das „Harry Potter“-Erfinderin J.K. Rowling unter ihrem inzwischen etablierten Pseudonym Robert Galbraith veröffentlicht hat, steht die Erfinderin einer erfolgreichen Serie am Internetpranger.

Die Hater der Autorin Edie Ledwell haben ein Foto ihres Wohnhauses online veröffentlicht. Jemand hat sogar noch ihre konkrete Adresse darunter geschrieben. Gepaart mit offenen Anfeindungen wird dies zu einer Bedrohung für die junge Frau. Wenig später wird sie tot auf dem Londoner Highgate-Friedhof gefunden, getötet mit einem Stich ins Herz.

Die Szenerie, die Rowling als Galbraith hier für ihr Ermittlerteam Cormoran Strike und Robin Ellacott entwirft, erinnert sicher nicht zufällig an etwas, das Rowling selbst passiert ist. Wegen Äußerungen in der Gender-Debatte steht die 57-jährige Schriftstellerin in der Kritik, hat nach eigenen Angaben sogar Morddrohungen bekommen.

Und auch ihre Adresse war von Aktivisten online gepostet worden, nachdem sie sich immer wieder gegen die gesellschaftliche und rechtliche Gleichstellung von Transfrauen mit Frauen, die bereits mit weiblichen Geschlechtsorganen geboren wurden, ausgesprochen hatte.

In ihrem neuen Buch scheint Rowling diese Erfahrungen nun zu verarbeiten – und zum schlimmstmöglichen Ende weiterzuspinnen. Hass im Netz wird zu Gewalt, die tötet. Dieser Fall stellt Strike und Ellacott vor ganz besondere Herausforderungen, sind sie in der Vergangenheit („Das tiefschwarze Herz“ ist schon das sechste Buch der Reihe) doch nicht unbedingt als Hacker und Cyberermittler in Erscheinung getreten.

Denn der Verdacht fällt nach dem Tod der erfolgreichen Serienautorin auf die Internetcommunity ihrer Hater und vor allem auf einen mysteriösen Fan der Serie, der sie auf allen Onlinekanälen attackiert, sich „Anomie“ nennt und Dinge über sie weiß, von denen eigentlich nur das direkte Umfeld der Toten Kenntnis hatte.

Chatprotokolle

So kämpfen sich Strike & Ellacott durch Chatprotokolle und Onlinediskussionen, um herauszufinden, wer Edie auf dem Gewissen und außerdem noch versucht hat, ihren Co-Autor Josh Blay umzubringen. Und hier zeigt sich dann auch schon das größte Problem an dem Buch: Rowling zeichnet diesen Kampf gegen die Massendaten teils minuziös nach.

Ein Großteil ihres 1343 (!) Seiten langen Buches besteht aus eben diesen Protokollen, aus seitenlangen – teils parallelen – Chatgesprächen von Menschen, die sich hinter ihren Onlinenicknames in Anonymität wähnen. Selbst der geneigteste Leser hält da nur schwer durch.

Da hilft es auch wenig, dass die Autorin erneut viel Augenmerk richtet auf die komplizierte private Beziehung der beiden Privatdetektive. Dass diese rettungslos verliebt sind ineinander, ist ja – dem Leser, ihnen nicht – schon eine Weile klar. Doch im neuen Buch kommt es gleich zu Beginn beinahe zu einem Kuss – und alles gerät ins Wanken.

Robert Galbraith: „Das tiefschwarze Herz“, Verlag Blanvalet, 1360 Seiten, 26,80 Euro

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