Die große Frage

Schraders grandioser „Ich bin dein Mensch“

Tom (Dan Stevens) hat seinen Menschen in Alma (Maren Eggert) gefunden.
Tom (Dan Stevens) hat seinen Menschen in Alma (Maren Eggert) gefunden. © Filmladen

Einen Flirt zu programmieren, ist schwierig. Nuancen sind es, die darüber entscheiden, ob das Gegenüber als potenzieller — ja, was auch immer man gerade sucht — durchgeht.

Ein Schmäh zum falschen Zeitpunkt, hässliche Schuhe oder das Banalste: „Deine Augen sind wie zwei Bergseen!“ „Und du bist raus“, hieß es mal in einer schlechten Gameshow … Alma (Maren Eggert) sitzt mit Tom (Dan Stevens) in einer angenehm schummrigen Bar und kann es irgendwie nicht fassen: Das soll der Mann ihrer Träume sein?

Dass Maria Schrader als Regisseurin bemerkenswerte Arbeit liefert, hat sie u.a. bereits mit der Netflix-Serie „Unorthodox“ bewiesen. Ihr dritter Spielfilm „Ich bin dein Mensch“ lief im Wettbewerb der Berlinale und eröffnete gestern Crossing Europe.

Und er ist ein wunderbarer und ausnehmend unterhaltsamer Film mit genialer Grundidee: Alma ist Wissenschaftlerin und muss an einer Testreihe teilnehmen, Tom ist dabei Dreh- und Angelpunkt. Alma hat keine schnöde Beschreibung à la „groß, breitschultrig, dunkelhaarig, humorvoll, charmant und schlau“ abgegeben, ihr Unbewusstes wurde via Multiple-Choice-Test angebohrt. Gepaart mit allgemein gültigen Annahmen sollte dabei ihr absoluter Mega-Mann entstehen.

Der Haken (neben dem Bergsee-Quatsch)? Klar gibt es den: Tom musste extra gebacken, ähm, gebaut werden in einer Roboter-Fabrik, künstliche Intelligenz einprogrammiert und schon wartet er milde lächelnd auf seinen Menschen. Alma muss Tom mit nach Hause nehmen, auch wenn der Robo-Typ so gar nicht ihrer Vorstellung zu entsprechen scheint. Oder kann es etwa sein, dass sie nur nicht weiß, was sie eigentlich will? Dann steht Alma in der Küche, presst Orangen aus, Eier in die Pfanne, ein Lächeln, ein postkoitales Hoch, gefolgt von Zweifel und Erkenntnis: Das ist doch alles nicht wahrhaftig.

Phänomenale Leichtigkeit

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Maria Schrader verhandelt mit einer bemerkenswerten Besetzung auf witzige und sehr emotionale Art zig Themen, ohne in eine romantische Komödie abzugleiten oder ein schweres Drama auf die Zuseher zu hieven. Die Leichtigkeit, mit der sie den Zuschauer mit Erwartungen und Sehnsüchten konfrontiert, mit Ablehnungen, die sich über Jahre in einem manifestieren und mit Momenten, die fürs Leben prägen, ist schlicht phänomenal. Und ganz nebenbei stellt Schrader eben auch die ganz große Frage: Was macht uns Menschen zu Menschen und so einzigartig?

Von Mariella Moshammer

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