Diese Aristokraten haben einen Körper

„Sisi“: Dritte Staffel der Reihe rund um die kultige Kaiserin bis 27. Jänner in der TVThek des ORF

Kaiser und Kaiserin, sie schmusen eh wie die normalen Leut´. In Staffel 3 von „Sisi“ verschlägt es Franz (Jannik Schümann) und Sisi (Dominique Devenport) unter anderem in den Sündenpfuhl Frankreich. Dort ist was los!
Kaiser und Kaiserin, sie schmusen eh wie die normalen Leut´. In Staffel 3 von „Sisi“ verschlägt es Franz (Jannik Schümann) und Sisi (Dominique Devenport) unter anderem in den Sündenpfuhl Frankreich. Dort ist was los! © ORF/Beta Film/RTL/Story House Pictures/Armands Virbulis

Von Sex, Drugs & Rock´n´Roll lässt die Kaiserin in der dritten Staffel der Serie „Sisi“ nur Letzteren aus. Und das auch nur, weil der Rock´n´Roll um 1867 noch nicht erfunden ist. Der Absinth in Paris schmeckt verdammt gut und hat ein sehr intimes Panscherl mit feschen Franzosen zur Folge. Der Kaiser, derweilen noch in Wien, ist auch kein Fauler und bittet nächtens die hübsche Walli in sein Gemach.

Jetzt einmal durchschnaufen: Huch! Man sieht (schön beleuchtete) schöne Körper, die einander genießen. Die Macher von Staffel 3 bleiben ihrer erfreulichen Linie treu und lassen Körperfeindlichkeit und Prüderie der 1950er ganz weit hinter sich. Sie zeigen Kaiser Franz und Sisi als zwar wohlerzogene, aber den Lüsten ihres Körpers mithin gerne folgende Wesen.

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Uns´re Super-Sisi

Nach Frankreich hat es Sisi auf der Flucht vor ihrem Mann verschlagen. Kaiser Franz will dem 9-jährigen Sohn Rudolf militärischen Drill aufbürden, mit Hilfe ihrer Freundin Alma (Deniz Orta) befreit Sisi den sensiblen Rudolf aus der Militärakedemie.

Love & Peace, in einer anderen Zeit hätte diese Sisi mit der Hippie-Bewegung sympathisiert. Hier tut sie es mit schlecht bezahlten und bei wässriger Suppe gehaltenen Arbeitern, die für die bevorstehende Weltausstellung in Wien schuften. Sein Herz für die aufkommende Arbeiterbewegung entdeckt vor allem auch Graf Grünne (David Korbmann), ehemals des Kaisers engster Berater und Freund.

Private Konflikte zuhauf, während Konflikte zwischen den europäischen Großmächten zu eskalieren drohen. Ein Bündnis von Deutschland und Russland könnte das alte Österreich zermalmen, wer hilft jetzt in der Not? Die Frauen, klaro. Kaisermutter Sophie wird diplomatisch aktiv und lädt die Herrscher in die Hofburg. Und uns´re Super-Sisi gebiert die Idee eines friedlichen (naja) Dreibunds.

Dunkle Schatten über Europa, aus heutiger Sicht könnte auch die schlaueste und friedfertigste Sisi den Lauf der Dinge nicht verhindern. Bald folgt ein Jahrhundert, das 20., in dem ein zivilisiertes Europa in zwei großen Kriegen in einem Meer aus Gewalt beinahe ersaufen wird.

Bismarck und der russische Zar, wie sie in „Sisi“ gezeichnet werden, sind mögliche Vorboten dieser Hölle. Zar Nikolaus ein Wodka (in Wien tut´s auch Branntwein) saufender Machtmensch, Bismarck ein ungehobelter, riesiger Kerl – ein Barbar, wie direkt dem Teutoburger Wald entsprungen. Mit solchen Leuten ist Love & Peace nicht zu haben.

Historisch korrekt ist „Sisi“ nur entlang großer Linien, für die Dramaturgie überspitzen die Macher großzügig und bisweilen wie im Comic-Schundheftl. Aber das macht gewaltigen Spaß! Die Serie enorm kurzweilig, saugute Drehbuchschreiber, immer wieder tolle Kameraführung. Ein Wiedersehen mit Désirée Nosbusch (Sophie) oder Bernd Hölscher (Bismarck), dazu erfrischend neue Gesichter wie das Gaunerpärchen Walli und Gustav (Pauline Werner und Max Hubacher). Spannende Abenteuer mit dem Kaiserpaar Dominique Davenport und Jannik Schürmann, man möchte in einem durchschauen. Bis 27. Jänner in der TVThek des ORF: tvthek.orf.at

Von Christian Pichler

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