Drei „Secessionen“ friedlich vereint im Wien Museum

Nein, kein Klimt-Porträt, sondern Max Kurzweils „Dame in Gelb“ © APA/Wien Museum/Birgit und Peter Kainz

In Wien ist die Secession im Singular ein stehender Begriff. Entsprechend mag der Ausstellungstitel „Secessionen“ im Plural überraschen. Doch genau um diesen Umstand geht es in der neuen Sonderschau des Wien Museums, möchte man hier doch die drei parallelen Kunstbewegungen, welche die Abgrenzung vom akademischen Kunstbetrieb eint, gegeneinander stellen und miteinander präsentieren. „Die Secessionen waren der Motor der Moderne“, umriss Kurator Ralph Gleis die Gemeinsamkeiten.

Der designierte Generaldirektor der Albertina und jetzige Chef der Alten Nationalgalerie in Berlin hat die Ausstellung gemeinsam mit Ursula Storch gestaltet und damit bereits auf der Berliner Museumsinsel einen Publikumserfolg gelandet. Die „Secessionen“ erlauben schließlich einen vergleichenden Blick auf die künstlerischen Absetzbewegungen in München, Wien und Berlin gegen Ende des 19. Jahrhunderts, wobei deren drei zentrale Proponenten Gustav Klimt in Wien, Franz von Stuck in München und Max Liebermann in Berlin auch in der Schau die erste Geige spielen.

Lesen Sie auch

So stehen etwa die „Pallas Athenen“ von Stuck und Klimt einander gegenüber und zeigen die stilistisch teils gänzlich unterschiedlichen Herangehensweisen. Die Facetten der Moderne treten hier offen zutage. Während in Wien der Jugendstil dominierte, waren es in München der Symbolismus, wohingegen in Berlin Liebermann eher impressionistisch arbeitete. Die Trademark „Secession“ dient eher als Beschreibung einer künstlerischen Haltung denn eines einigenden Stiles.

„Es wäre falsch, die eine Secession gegen die andere auszuspielen. In der Zusammenschau der drei Secessionen merkt man, dass das wirklich eine gemeinsame Bewegung war“, machte Ralph Gleis am Mittwoch deutlich. Zugleich gebe es selbstredend in jeder der Städte auch Alleinstellungsmerkmale. In München wäre dies die starke Zusammenarbeit mit der Verlegerschaft, in Wien die Fokussierung auf das Gesamtkunstwerk und in Berlin die Einbindung von Künstlerinnen von Beginn weg.

Und doch schufen alle im einzeln positionierten Chor die plurale Moderne, hoben die Freiheit und Unabhängigkeit der Künstlerinnen und Künstler aufs Schild, wehrten sich gegen den staatlichen Ausstellungsbetrieb, beschritten neue Wege abseits von Schlachtengemälden und Herrscherporträts. „München war Wien in diesem Fall ein Stück voraus, muss man als patriotische Wienerin und Klimt-Fan zugeben“, konstatierte Storch die Pionierarbeit der Bayern, wo die Secession 1892 gegründet wurde, bevor Wien 1897 und Berlin 1899 folgten. „Es war für die Münchner dann ein Cordoba-Moment, als sie anfangs die Progressivsten waren und später den Staffelstab abgeben mussten“, griff Gleis zur Fußball-Metapher. Nun sind alle friedlich vereint in den neuen Ausstellungsbereichen des Wien Museums, wo auf großer Fläche rund 150 Werke – neben der Malerei auch zahlreiche Skulpturen, Plakate oder Objekte – in überraschend großer Vielfalt einen Aufbruch nachzeichnen, der alles andere als monoton ablief.

Video
Ich möchte eingebundene Social Media Inhalte sehen. Hierbei werden personenbezogene Daten (IP-Adresse o.ä.) übertragen. Diese Einstellung kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft in der Datenschutzerklärung oder unter dem Menüpunkt Cookies geändert werden.

„Secessionen. Klimt, Stuck, Liebermann“ im Wien Museum, Wien 1, Karlsplatz 8, bis 13. Oktober. Dienstag, Mittwoch, Freitag: 9-18 Uhr, Donnerstag: 9-21 Uhr, Samstag und Sonntag: 10-18 Uhr, wienmuseum.at

Das könnte Sie auch interessieren