Du & ich & ein Tröpfchen Koks

Ermüdungserscheinungen bei „SISI & ICH“

Irma (r., Sandra Hüller) und ihre Sisi (Susanne Wolff)
Irma (r., Sandra Hüller) und ihre Sisi (Susanne Wolff) © Walker+Worm/Spauke

Dass gefühlt die gesamt Fernseh-, Streaming- und Filmwelt über unsere einstige Kaiserin berichten will, dafür kann die deutsche Regisseurin Frauke Finsterwalder nichts. Leichte elisabethanische Ermüdungserscheinungen kommen dennoch auf, wenn in ihrem Film „SISI & ICH“ erneut die Geschichte der Ikone erzählt wird.

Das „Ich“ ist im Titel nicht nur aus Höflichkeit an zweiter Stelle, denn Hofdame Irma ist zwar Dreh- und Angelpunkt, ein kleines Licht bleibt sie trotzdem im Universum der Kaiserin. Ja, die Kaiserin. In Finsterwalders Film ist sie in die Jahre gekommen, der Schönheit muss (ihrer Meinung nach, und das ist die einzige, die zählt) nachgeholfen werden, essen ist verpönt, das muss auch Irma bei ihrer Anreise auf Korfu spüren.

Sie hat bereits eine strenge Begutachtung hinter sich, nun muss sie der künftigen Arbeitgeberin gefallen, will sie die engste Vertraute werden. Dicke und Männer — die kann Sisi nicht leiden. Irmas Satz „Bei Männern muss ich immer an Tischtücher denken“ trifft ins Schwarze. Und mit Hungerkuren und Turnen schafft sie es auch, die verhassten Kilos zu verlieren.

Fürchterlich komisch hat die Regisseurin das Treiben auf der Insel angelegt und fürchterlich frei. Wallende Kleider statt Korsetts, gleichgeschlechtliche Liebschaften und kindliches Herumgetolle statt Hofzeremoniell. Und Kokaintropfen. Unter uns: Das ist wohl der Hauptgrund, warum Irma ihrer Chefin so verfällt, weil ohne Rausch würde man die wohlstandsverwahrloste, arrogante, zutiefst egozentrische, anstrengende und nervige Frau schwer ertragen.

Kraft gewinnt der Film, wenn er zum Drama wird, in dem Irma über ihre zur Abhängigkeit geratenen Liebe zu Sisi verzweifelt. Ist der Kaiserin nach einem Stallburschen, lässt sie die Vertraute kalt links liegen.

Sandra Hüller und Susanne Wolff sind hervorragend besetzt, Angela Winkler ist — wenn auch nur in einer kleinen Szene — grandios als Sisis Mutter. Markus Schleinzer scheint als Kaiser seine Gattinnen-Wahl zunehmend zu bereuen, Georg Friedrich als dessen Bruder Ludwig Viktor passt hervorragend in den Spaß der von ihren „Untertanen“völlig abgehobenen Gesellschaft. Keiner sagt, dass es nicht witzig sein kann, in völliger Dekadenz eine Prise zu nehmen und sich gegenseitig zu tätowieren — dabei zuzusehen langweilt in „SISI UND ICH“ leider.

Von Mariella Moshammer

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