Ein Abend mit Brahms, dem Fortschrittlichen

Elisabeth Leonskaja weiht neuen Bösendorfer im Linzer Brucknerhaus ein

PianistinElisabeth Leonskaja
Pianistin Elisabeth Leonskaja © R. Winkler

Elisabeth Leonskaja zählt zu den großen Pianistinnen unserer Zeit, wie erfreulich, die Künstlerin nach einigen coronabedingt verschobenen Terminen im voll besetzten Brucknerhaus auf dem neuen Bösendorfer Konzertflügel 280VD erleben zu dürfen.

Ihre Programmauswahl fiel auf Werke von Johannes Brahms (1833-1897) und Arnold Schönberg (1874-1951), eine gute Mischung österreichischer Musikgeschichte. Zuerst Brahms mit seinen schöpferischen „Fantasien“ op. 116: sieben Klavierstücke, die in der geschlossenen Form zu einer Aneinanderreihung von Charakterstücken wurden, die Brahms im letzten Jahrzehnt seines Lebens offenbarte und im Capriccio einen Kampf gegen finstere Mächte aufzeigte.

Ein erstaunlich fester Tastenzugriff der Künstlerin offenbarte aber auch in den vier dazwischenliegenden Intermezzi die elegisch, weich- träumerischen Gebilde der Interpretin, die sie in menuettartig schreitender Grazie servierte.

Dann Arnold Schönbergs „Sechs kleine Klavierstücke“ op. 19, kein Schock beim Zuhören — sondern Klänge, die mit wenig Aufwand und scheinbar leicht zu spielenden Noten in tönende Zustände und spiralartige Ornamente verwandelt wurden. Trotz des Verzichts auf Wiederholungen und Abfolgen musikalischer Augenblicke gelang der Künstlerin diese Präzession des Hinhörens.

Ganz anders und in unbändiger, originaler Kraft erlebte man im zweiten Teil des Konzertes die Brahmssonate Nr.3 f-Moll, op.5, mit einer neuen Klangwelt, rhythmischen Abwandlungen und leidenschaftlich lyrischem Tempo rubato. Schon der rhapsodische Beginn offenbarte Leonskajas unbändigen Zugriff auf die neue Klangwelt, aber auch empfindliche Lyrik mit wunderschönen Liedkantilenen. Bis zum Finale ist die Wiedergabe dieser Sonate ein Angriff für kräftige Hände mit gehöriger Spannweite der Pianistin und setzte auch den neuen Konzertflügel klar und glänzend in gutes Licht. Tosender Applaus und viele Bravo-Rufe — man konnte die Künstlerin noch nicht entlassen. Sie dankte mit einem eher kleinen Satz aus der bekannten Mozartsonate in lieblicher Geschmeidigkeit und großer Zurückhaltung.

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