„Eine Frage der Körper- und Seelenhygiene“

Laurence Rupp über „Barbaren“, Fitness & seine Rolle als ermittelnder Totengräber in „Broll + Baroni“

Kampfbereit: Thusnelda (Jeanne Goursaud) , Marbod (Murathan Muslu) und Arminius (Laurence Rupp)
Kampfbereit: Thusnelda (Jeanne Goursaud) , Marbod (Murathan Muslu) und Arminius (Laurence Rupp) © ORF/Aichholzer Film/Petro Domenigg

Er hat „Cops“, „Vorstadtweiber“, „Barbaren“ gedreht, am Burgtheater gespielt und war Mitglied im Berliner Ensemble.

Der Wiener Schauspieler Laurence Rupp (35), der aktuell in „Broll + Baroni“ (30. Oktober, 20.15 Uhr, ORF 2) nach dem Kriminalroman von Bernhard Aichner einen Totengräber mimt, über Sicherheitsdenken, körperliche Fitness und Lieblingsrollen.

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VOLKSBLATT: Welche Rollen machen Ihnen am meisten Spaß und wen würden Sie gern einmal spielen?

LAURENCE RUPP: Mir liegen eher die dramatischen, aber auch körperlich fordernde Rollen, die bereiten mir am meisten Freude. Die Rolle des Max Broll ist auch irrsinnig schön, quasi ein Ermittler — das war das erste Mal für mich. „Broll + Baroni“ ist aber nicht das übliche Ermittler-Detektiv-Ding, es sind zwei untypische Ermittler, ein toller Verschnitt von einem Krimi und einer dramatischen persönlichen Geschichte. Und: Was ich gern machen würde, ist ein Martial-Arts-Action-Film. So etwas gibt es viel zu wenig in Europa.

Sie haben jung erste Rollen — mit 11 in „Kommissar Rex“ — gespielt. War die Schauspielerei Ihr Wunschberuf?

Um ehrlich zu sein, nein. Mein Vater ist Produktionsleiter, und da war manchmal Arbeit da und dann wieder nicht, und das hat mich irgendwie abgeschreckt. Ein Schlüsselerlebnis war meine Rolle in „In drei Tagen bist du tot“ und das nächste war dann — eigentlich mehr aus Spaß — eine Bewerbung am Reinhardt Seminar, die gleich geklappt hat. Nach dem Studium bin ich ans Theater gekommen. Ich wollte bei den Ursprüngen beginnen, lernen und reinschnuppern und ein Gefühl dafür bekommen.

Also auch da eine Art Sicherheitsdenken?

Ich würde mich schon als jemanden sehen, der gern an Grenzen geht, aber eine gewisse Art von Sicherheit … Das ist wie beim Stunt — ich liebe Stunts — da werden die Umstände so risikominimiert, dass man dann das Risiko eingehen kann.

Was ist der Grund für den aktuellen Krimi-Boom?

Ein Grund ist sicher, dass es mit Suspense zu tun hat, dass es einen nicht mehr loslässt, einfach spannend ist. Aber, wie gesagt, ich finde die ganzen Standard-Krimi-Sachen schon ein bissl inflationär.

Das heißt, „Tatort“-Kommissar wäre nicht Ihre Rolle …

Doch, den würde ich machen!

Brolls Stiefmutter, eine Polizistin, wird entführt, weil sich jemand rächen will, den sie ins Gefängnis gebracht hat. Könnten Sie sich vorstellen, die Sache in die Hand zu nehmen, wenn Sie das Gefühl hätten, die Polizei tut zu wenig?

Absolut. Wenn es wirklich um etwas geht, jemand entführt wird und der Zeitdruck groß ist, ist der Drang, sich einzuschalten, logisch und schlüssig.

Wie würden Sie Ihre Figur beschreiben?

Der ist ein sehr bodenständiger Kerl voll Tatendrang. Er ist intelligent und vielleicht auch ein bisschen scheu, deswegen hat er sich aufs Land zurückgezogen und lebt da sein Leben in Ruhe.

Und agiert schräg, wenn man an die Filmleinwand und die Sauna am Friedhof denkt …

Der spielt halt auch gerne, ist ein Junggebliebener im Kopf.

Wie weit konnten Sie sich in Ihre Figur einbringen? Und hat sie auch etwas von Ihnen?

Ich habe mir den Broll zu eigen gemacht. Bernhard Aichner hat mir gesagt, dass er es super findet, dass und wie ich die Figur spiele. Die Dinge selbst in die Hand zu nehmen, ist auf jeden Fall etwas, das ich auch gerne mache. Immer mehr fühle ich auch einen Drang, die Großstadt hinter mir und mehr Ruhe in mein Leben einkehren zu lassen. Das hat sich durch Corona verstärkt. Das Draußensein in der Natur ist auch meins. Und eine gewisse Nonkonformität wohnt mir auch inne. Das ist ja auch Aufgabe eines Künstlers, das Out-of-the-box-Denken.

Regisseur Harald Sicheritz zeigt gern schräge, nonkonformistische Gestalten. Ist da auch Gesellschaftskritik drin?

Das hätte ich jetzt nicht so gelesen — grundsätzlich in seinen Arbeiten schon und immer wieder in Details, aber so als Großes und Ganzes ist diese Geschichte schon auch eine gut gemachte Unterhaltungsstory.

Ihr bester Freund im Film, der Ex-Fußballprofi Baroni, wird von Jürgen Vogel dargestellt.

Das war unsere erste Zusammenarbeit, wir sind uns sehr ans Herz gewachsen und wünschen uns eine Fortsetzung. Es gibt ja mehrere Broll-Romane …

Gerade ist die zweite Staffel der Netflix-Serie „Barbaren“ angelaufen, in der Sie den muskelbepackten Arminius verkörpern. Ist Ihnen körperliche Fitness privat wichtig?

Absolut, es geht mir aber weniger darum, meinen Körper zu formen oder schön aussehen zu lassen. Es ist eher eine Frage der Körper- und der Seelenhygiene für mich, dass ich so viel Sport mache. Aber wenn es um Rollen wie in „Barbaren“ geht, muss ich schon mehr trainieren und auch die Ernährung umstellen. Für den Aufwand bin ich im Alltag dann doch zu uneitel.

Die zweite Staffel hat Stefan Ruzowitzky gedreht. Wie war die Zusammenarbeit?

Die Arbeit mit Stefan war super. Das hat natürlich eine etwas andere Handschrift. Aber da reden so wahnsinnig viele Leute mit, da ist es schwierig, jetzt auszumachen, wer wie die Verantwortung für etwas hat.

Teasern Sie „Barbaren“ doch einmal kurz an.

Auf jeden Fall mehr Blut, größere Schlachten, mehr Liebe, mehr Sex. Eine Steigerung. Und die Römer haben diese erste Niederlage natürlich nicht auf sich sitzen lassen, und Arminius weiß, dass die jetzt mit einem noch größeren Heer kommen werden, um Rache zu üben an den Germanen. Dieser Krieg wird für ihn dann auch persönlich.

Was ist der Unterschied zwischen einer österreichischen Produktion wie „Broll + Baroni“ und einer internationalen wie „Barbaren“?

Bei Netflix sind einmal viel mehr Menschen am Set, unglaubliche Massen an Komparsen und Pferden. Die Vorbereitung, Stunts und Pferdetraining, das muss man alles im Vorhinein machen. Das ist auch viel zeitintensiver und anstrengender. In Österreich ist alles sehr viel intimer, aber ich will da das eine oder andere gar nicht werten. Manchmal habe ich mir sogar gedacht, irgendwie würde uns das bei den „Barbaren“-Drehs vielleicht guttun, die Teams ein bisschen zu reduzieren und einen konzentrierteren Raum zu schaffen.

Wie hat sich „Barbaren“ auf Ihre Popularität ausgewirkt?

Bei Instagram habe ich das gemerkt: Da waren viele Zuschriften von Leuten aus der ganzen Welt. Erstaunlich, dass mir ganz Südamerika jetzt Nachrichten schreibt oder Leute aus Asien. Dass das so global ist, das ist schon beeindruckend.

Demnächst startet „Souls“, eine in Cannes ausgezeichnete Mystery-Serie, auf Sky.

Da spiele ich einen Piloten, der mit einer Maschine abstürzt in einer vergangenen Zeitebene. In der Jetztzeit behauptet ein Junge, dass er der Pilot war, alles über den Flugzeugabsturz weiß.

Was sind Ihre nächsten Pläne?

Im Moment mache ich einen Netflix-Film. Parallel dazu drehe ich die zehnteilige Serie „Rise of Raven“, da geht es um den ungarischen Freiheitskämpfer Hunyadi, ein Riesenprojekt, ungarisches Fernsehen mit ORF-Beteiligung. Da spiele ich den Habsburger Albert II.. Ich freu mich auf Murathan Muslu, der da auch mitspielt, ein sehr geschätzter, guter Freund. Die Serie startet frühestens 2024.

Mit LAURENCE RUPP sprach Melanie Wagenhofer

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