Gerti Drassl brilliert in Klagenfurt in Nestroy-Possen

Nestroy in Klagenfurt: Christoph F. Krutzler und Gerti Drassl © APA/APA / Stadttheater Klagenfurt/Karlheinz Fessl

„Lauter Österreicher auf der Bühne“, freute sich der Hausherr und nach Eigendefinition „Piefke“ Aron Stiehl zur Premiere von Nestroys Einaktern „Frühere Verhältnisse“ und „Häuptling Abendwind“ am Donnerstag im Stadttheater Klagenfurt. Sehr Wienerisch wurde dann auch der Abend mit einem grandiosen Ensemble in zwei solide getakteten Komödien voll Sprachwitz, beißendem Spott und zeitgemäßen Anspielungen.

Es waren die beiden letzten Stücke, die Johann Nestroy vor seinem Tod schrieb, und sie enthalten in konzentrierter Form, womit sich der Autor sein Leben lang beschäftigte: Neureiche, Standesdünkel und Liebesverwicklungen in „Frühere Verhältnisse“ und satirische Überspitzung bis zum Klamauk in „Häuptling Abendwind oder Das gräuliche Festmahl“.

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„Wir sind ja gmiatliche Leit“, meint da der Menschenfresser-Häuptling von der Nachbarinsel selbstzufrieden und tätschelt sich seinen Wanst. Er ist zu Besuch beim sanften Häuptling Abendwind, der bemüht ist, ihn angemessen zu bewirten. Der pointenreiche Paarlauf von Christoph F. Krutzler und Rudi Widerhofer provoziert zahlreiche Lacher im Publikum, nicht zuletzt durch Anspielungen auf die gender-bedingte aktuelle Sprachverwirrung.

Nestroys Burleske hatte eine Operette von Jacques Offenbach zum Vorbild, der auch musikalisch bei einer Can-Can-Einlage von Gerti Drassl als Atala, der Tochter von Häuptling Abendwind, zitiert wird. Die Film- und Theater-Schauspielerin, bekannt von der TV-Serie „Vorstadtweiber“ bis zu ihren feinfühligen Interpretationen von Texten Christine Lavants, zeigt in Klagenfurt die Breite ihres komödiantischen Könnens. Sie wirft sich bereits vor der Pause in der Posse „Frühere Verhältnisse“ als Köchin Peppi Amsel voll ins Geschehen. Temporeich und exakt inszeniert Regisseur Dominique Schnizer diese turbulente Tür-auf-Tür-zu-Komödie, bei der das Bühnenbild von Christin Treunert dank eifrig genutzter Drehbühne auch einen Blick hinter die Kulissen erlaubt.

Gerald Votava als schmieriger Aufsteiger Herr von Scheitermann (bei „Abendwind“ als Fremdling) und Magda Kropiunig als seine höher gestellte Frau Josephine (bei „Abendwind“ als Köchin) beeindrucken mit Wandlungsfähigkeit und Spielfreude. Auch wenn Herr von Scheitermann vom Emporblicken zu seiner Frau „höllisch das G ́nack weh tut“, endet die Aufsteiger-Satire in einer turbulenten allgemeinen Versöhnung. Mit dabei sind auch die Geigerin Elisabeth Koval und der Multiinstrumentalist Bernhard Neumaier, die mit Eigenkompositionen und Zitaten vom Radetzkymarsch bis zum Musical „Hair“ den stimmigen Soundtrack zu den beiden Einaktern liefern.

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Was von außen kommt, wird von „den Wilden“ gefressen, die „sich selbst genug“ sind, wie es in „Häuptling Abendwind“ einmal heißt. Nestroys Nationalismus-Kritik wurde bei der Uraufführung 1862 in Wien nicht verstanden. Sie hat heute nichts von ihrer Gültigkeit verloren. Das wurde einen Tag nach dem Wiener Rabenhof (wo eine Rap-Version des Stückes von Yasmo Premiere hatte) auch in Klagenfurt bewiesen.

(Von Karin Waldner-Petutschnig/APA)

„Frühere Verhältnisse“/„Häuptling Abendwind oder Das gräuliche Festmahl“ von Johann Nestroy. Regie: Dominique Schnizer, Bühne und Kostüme: Christin Treunert, Dramaturgie: Sylvia Brandl. Mit: Gerti Drassl (Peppi Amsel/Atala), Gerald Votava (Herr von Scheitermann/Arthur), Christoph F. Krutzler (Anton Muffl/Häuptling Biberhahn), Magda Kropiunig (Frau von Scheitermann/Ho-Gu), Rudi Widerhofer (Häuptling Abendwind). Stadttheater Klagenfurt. Weitere Vorstellungen: 6., 10., 17., 24., 26., 28. April, 2., 7., 14., 16., 22., 24., 25. Mai, 19.30 Uhr, stadttheater-klagenfurt.at

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