Glanzlichter und Fehlbesetzungen

Zellers „Vogelhändler“ beim Lehár Festival Bad Ischl

Kürzlich konnten wir über eine phänomenale Premiere von Leo Falls „Madame Pompadour“ berichten. Nun bot das Lehár Festival Bad Ischl eine Perle aus der goldenen Operetten-Ära: Carl Zellers „Der Vogelhändler“ (1891).

Bewährtes Fundament

Für beide Werke wirken in Ischl großteils dieselben Personen: Sabine Lindner (Bühne), Sven Bindseil (Kostüme), dazu das phänomenale Tanzsensemble, der Chor unter Matthias Schoberwalter sowie das grandiose Franz Lehár Orchester, diesmal unter Marius Burkert. Die Choreografin ist wie die Regisseurin neu: Katharina Glas begleitet Anette Leistenschneider.

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Im Bestreben, Tempo vor Inhalt zu produzieren, wird vergessen, dass die goldene Operetten-Zeit besondere Anforderungen stellt: Die Charaktere sind schärfer zu konturieren. Nun hat sich aber die Regie selbst ein Ei gelegt: Sie verlegte die Handlung in ein anonymes Fürstentum der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg; eine absurde Situation entsteht, wenn man nicht alle im Original eindeutig charakterisierten Figuren befriedigend besetzen kann oder will.

David Sitka ist der heitere, sture Adam aus Tirol, der tenoral fallweise an seine Grenzen stößt, jedoch mit dem Ahnl-Lied triumphiert. Jenifer Lary beweist als Christel von der Post neben Stimme auch Charakter. Während Gerald Vogel als Baron Weps durchaus als Repräsentant eines Kurfürstentums erscheint, ist Jonathan Hartzendorf als sein Neffe Stanislaus eine veritable Fehlbesetzung, falsch geführt, eine Art Kasperl des des Fürstentums. Schade! Corina Koller ist eine repräsentative Kurfürstin, die liebe Marie freilich, die Adam den Kopf verdrehen könnte, liegt ihr nicht. Als Adelaide, im Original die „Komische Alte“, ließ sich in der falschen Rolle Patricia Nessy ansagen, sie hielt sich tapfer. Man kommt bei den ungewöhnlichen Besetzungen unweigerlich zu den Professoren Süffle und Würmchen, die als Kurfürstliche Gärtner über ein Fenster in den Palast einsteigen, um Prodekane zu mimen — eingelernte absurde Bewegungen sind eher peinlich als lustig. Ivo Kovrigar und Tomaz Kovacic machen das offensichtlich mit Freude.

Der turbulente „Vogelhändler“ traf im Rahmen der gut besuchten Vorstellung auf starkes Publikumsecho, hat sich also im System „Hektische Betriebsamkeit“ samt hervorragender bis guter musikalischer Substanz beim Lehár Festival bereits etabliert.

Von Ingo Rickl

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