Es gibt die ganz deutlichen Bezüge, die etwas versteckteren und jene, die mindestens einer Erklärung bedürfen. Eines ist jedoch ganz klar: Oberösterreichs Künstler haben sich in den vergangenen Monaten stark mit DEM Thema unserer Zeit, der Corona-Pandemie, auseinandergesetzt. Zu sehen sind diese spannenden, hochaktuellen und dabei treffenden Positionen derzeit im Schlossmuseum in Linz.
Die Schau „Kultur braucht Kunst!“ befriedigt dabei nicht nur das Bedürfnis nach künstlerischer Auseinandersetzung mit einer alles durcheinanderwirbelnden Krise in einem bisher unerreichten Ausmaß. Sie hilft den Künstlern auch. Alle Werke stehen zum Verkauf.
„Wir sind kein Kaufhaus“, betont die Leiterin dieses innovativen Projekts, Gabriele Spindler jedoch: „Wir wollen den Austausch mit den Künstlern fördern.“ Und so wird der Verkauf auch direkt über die Künstler abgewickelt, der Eintritt in die Ausstellung, die bis 13. September zu sehen ist, ist frei. Wer Interesse an einem der Werke hat, wendet sich an die Aufsichtspersonen, die die Kontakte der Künstler aushändigen.
„Alle sind weg und ich bin noch da“
Katharina Acht steuert zwei Fotografien bei, die sich wunderbar ergänzen. Das erste zeigt die Künstlerin in einem beeindruckenden Raum im Museum Angerlehner in Wels. Ein leerer Raum, der auf die große Kunst wartet. „Hier hat man eine große Freiheit im geschlossenen Raum.“ Ein ähnliches Gefühl, wie es dann auch in der Coronapandemie erlebbar hätte sein können. Eine Fotografie zeigt die Linzer Innenstadt, ein Wochentag, sonnig, keine Menschen, Lockdown. „Bei meinen Spaziergängen habe ich das erlebt wie im Hochsommer bei 35 Grad in Linz: Alle sind weg und ich bin noch da.“
2020 wird es dunkel, die Transparenz ist weg
Ekatarina Fischnaller zeigt eine Arbeit, die 2016 entstanden ist und die sie 2020 übermalt hat. Zu sehen sind viele Tropfen, die alten erscheinen transparent, übereinandergelegt und trotzdem lassen sie erkennen, was unter ihnen liegt. „Die Tropfen sind Symbole für das Leben“, erklärt die Künstlerin. Das Wasser an sich und dass „jeder Tropfen individuell gemalt wird.“ Die 2020er- Tropfen zeigen ein ganz anderes Bild als ihre durchlässigen Vorgänger: Sie sind dunkel, decken zu, verbergen, was vor ihnen, unter ihnen existiert hat, die Transparenz hat sich verabschiedet.
In die Kategorie der wirklich deutlichen Bezüge fallen die Keramikarbeiten von Josseline Engeler mit dem Titel „Designed für Life“. Ausgesprochen ansehnlich kommen sie daher, Engelers Coronaviren. Vor dem geistigen Auge nehmen sie bereits einen Platz auf dem Kamin ein. So hat damals alles begonnen …
„Die Kehrseite“ nennt Otto Hainzl seine Arbeiten, perfekte Abbilder der von uns allen erlebten Zeit. Pakete ersetzen den Einzelhändler, doch der Künstler lässt Vorsicht walten, um nicht eine der Kehrseiten der „bequemen“ Coronaphase zu spüren zu bekommen: Er dreht die Packerl um, nimmt den Datenschutz in seine eigenen Hände.
Wenn es auch ein bestimmendes Thema der über 800 eingereichten Arbeiten gibt — eine der Voraussetzungen des Open Call für die erste Linzer Sommer-Ausstellung war der Entstehungszeitraum 2020 — es geht im Erdgeschoß des Schlossmuseums nicht nur um den potenziell todbringenden Virus, der wütet.
Marmorne Pferde, vitale Kunstszene
Lipizzaner aus Marmor, rosa Duschvorhänge, Videoarbeiten, Objekte, aber auch renommierte Namen wie Waltraud Cooper und Peter Androsch fließen durch die Räume, an deren Wänden die Werke dicht gehängt einen wohl kaum sonst wo zu erlebenden Überblick über den schier unfassbaren Facettenreichtum des zeitgenössischen Kunstschaffens in Oberösterreich bieten. „Wir haben eine erfrischende, vitale Kunstszene“, fasst Spindler zusammen.
Gerhard Brandl entlarvt die Natur als pures Kulturprodukt, eine Inszenierung, die er durch kleine Interventionen enttarnt. Davor steht ein komplizierter Prozess, um jedes Detail abzubilden. Es entstehen ästhetische Zeichnungen, die auf den ersten Blick nur erahnen lassen, dass hier etwas nicht zu stimmen scheint …
Eine solche „Vorahnung“ hatte auch Adelheid Rumetshofer, die schon vor Corona an ihrem neuen Bilderzyklus zu arbeiten begonnen hat. „Ich hatte das Gefühl, es ändert sich was.“ Ein Gefühl, dass sich ganz ungeplant bewahrheitet hat und dem die Künstlerin in ihren Werken Ausdruck verlieh. Und dann blitzt es eben doch wieder durch, DAS Thema 2020.
Von Mariella Moshammer