Ja, die Zeit ändert viel …

„Der deutsche Mittagstisch“: Bernhard und Peymann noch einmal an der Josefstadt vereint

Thomas Bernhard, einst Österreichs Parade-Autor und Wahl-Oberösterreicher, und der Regisseur Claus Peymann waren in den siebziger und achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ein „Traumpaar“, das einander viel verdankte.

Durch den Intendanten und Regisseur Peymann gab es viele aufregende Bernhard-Abende – und auch Skandale, wogegen beide absolut nichts hatten und die in der Uraufführung von „Heldenplatz“ 1988 am Burgtheater (Peymann als Direktor des Hauses und Regisseur des Stücks) kulminierten …

Wenn Claus Peymann, nun über 80, nach langer Zeit wieder einmal nach Wien zurückkehrt, hat er sich von der Josefstadt eine Bernhard-Inszenierung gewünscht. Schon letzte Saison im Mai hätte sie stattfinden sollen, damals war noch „Ein Fest für Boris“ angesetzt, dann kam bekanntlich Corona.

Mittlerweile meinte Peymann – ganz im Sinne Bernhards – wieder die Nazis in Österreich zu wittern, wechselte das Stück und setzte „Der deutsche Mittagstisch“ an. Allerdings sind diese sieben Dramolette inzwischen fast 40 Jahre alt und die panische Nazi-Suche, die Bernhard damals unternahm, wirkt heute wie Schnee von gestern.

Zumal die echten „Ehemaligen“, die er in dem besten Stück des Abends („Freispruch“) zeigt, ja mittlerweile das Zeitliche gesegnet haben. Die Einakter, in ihrer Qualität unterschiedlich, sind dort am stärksten, wo Bernhard in Monologen und Dialogen ländlicher Durchschnittsmenschen klar macht, wie viel Rassismus und Gewaltbereitschaft aus ihrem langweiligen Alltagsgerede herauszuhören ist, denn daran mag sich möglicherweise nicht allzu viel geändert haben

Darum wäre es vielleicht auch klüger gewesen, Peymann hätte die Stücke als Regisseur (auch mit Schminkmasken, die die Darsteller zu parodierenden Puppen machen) nicht allzu sehr verfremdet: Bernhard glaubte ja an die Echtheit der Typen, die er zeichnete.

Abgestandenes anstatt reizvoller Nostalgie

Mit Schauspielerinnen, die einst bei ihm am Burgtheater waren (Lore Stefanek und Traute Hoess), und einigen Josefstädtern (am stärksten die Damen Ulli Maier und Sandra Cervik) kämpfte Peymann einen Kampf, der nicht zu gewinnen war. Nicht reizvolle Nostalgie sondern reizlos Abgestandenes wurde geboten.

Ja, die Zeit ändert viel, das wusste schon Johann Nestroy, und was einst für die Zeit geschaffen wurde, ist für die Nachwelt Geschichte. Möglicherweise sogar, wie hier, mit einer dicken Schicht Staub darauf.

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