„Jedermann“ im Kulturhof Perg: Moderne Antwort auf Salzburg

Die Mühlviertler Bühne überträgt den Stoff mehr als gelungen ins Heute

„Jedermann“ und Salzburg – das ist wie Sachertorte mit Schlag. Doch es geht auch anders. Der „Jedermann“-Stoff kann – selbst mit Hofmannsthals Textpassagen – auch ins Jetzt und Heute übertragen werden. Ein Wagnis, ohne Zweifel! Aber dass es gelingt, sogar mehr als nur gelingt, das beweist jetzt der Kulturhof Perg mit seiner Inszenierung. Sozusagen die moderne Antwort auf das traditionelle Salzburg. Premiere war am Donnerstag.

Ein Kulturhof-Team bestehend aus Julia Ribbeck, Manuela Kloibmüller und Daniel Morales Perez hat sich Hugo von Hofmannsthals „Mysterienspiel“ um das „Sterben des reichen Mannes“ aus dem Jahr 1911 beherzt zur dramaturgischen Brust genommen und daraus ein „Schauspiel mit Musik und Tanz“ geformt. Durchaus auch mit kritischem Blick in Richtung des Salzburger „Jedermann“-Spektakels, wie die Darsteller gleich zu Beginn, während sie durchs Publikum Richtung Bühne gehen, mit spitzen Andeutungen erkennen lassen.

Die Handlung selbst und auch die wichtigen Figuren entsprechen im Kern durchaus der Tradition, das ist aber auch schon alles. Das völlig Neue beginnt schon beim Ambiente (Ausstattung: Jan Max Halama): Theaterstadl statt Domplatz. Am Anfang sieht man auf der Bühne nur elegante rote Vorhänge wie im Haus eines Vornehmen. Im Lauf des Geschehens fallen die Vorhänge immer mehr zu Boden, es wird ein kaltes Stahlgerüst sichtbar – symbolisch wie ein Gerippe für das Schicksal des Protagonisten?

Yuppie in Sportschuhen

Jedermann ist in Perg ein Typ Yuppie mit kurzer Hose, Sportschuhen und sichtlich von sich selbst überzeugt. Er hat es verdient, ein Reicher zu sein, ein Leben in Luxus zu führen und sich selbst der Nächste zu sein, sagt er ganz offen. Dabei alles im Rahmen der Gesetze und des Rechts.

Soziales Verhalten, Menschlichkeit, Empathie für andere, Nächstenliebe – mit solchen Dingen kann er nichts anfangen. Seine sogenannten Freunde – traditionell würde man sagen „die Tischgesellschaft“ – bestärken Jedermann in dessen vermeintlich heiler Welt der Oberflächlichkeit. Ebenso wie die Perger „Buhlschaft“, die aber so gar nichts von Glamour und Starallüren á la Salzburg hat. Alles Society – solange sich das Blatt nicht wendet und der Tod und der Teufel zu Jedermanns „Gefährten“ werden.

Tragendes Element Tanz

Tragendes Element der Perger Inszenierung ist der Tanz. Die Figuren rund um Jedermann liefern eine beeindruckende Performance, häufig sagen sie durch ihre tänzerischen und akrobatischen Bewegungen mehr als Worte (Choreografie: Daniel Morales Perez). Körpersprache im besten Sinne! Eine Ensembleleistung, die insgesamt und speziell im tänzerischen Bereich beeindruckt. Dazu volkstümliche, aber nie dümmliche Livemusik mit Schlagwerk, Saxophon und Akkordeon.

Der dramaturgische Bogen ist von Regisseurin Manuela Kloibmüller geschickt gespannt und steigert sich bis zum „Happy End“ für Jedermann, der zum Glauben bekehrt und reuig ins Jenseits geht. Authentisch als Jedermann: Martin Dreiling. Kongenial in den weiteren Rollen: Christian Manuel Oliveira, Elias Morales Perez, Filip Löbl, Tura Gomez Coll, Thomas Bammer und Julia Ribbek. Musik auf und über der Bühne: Maria Klebel, Marlene Schaumberger und Yevgenij Kobyakov.

Neuer Zugang zum ewigen Thema

Fazit: Mag sein, dass der Perger „Jedermann“  nicht jedermanns Sache ist und eingefleischte Salzburg-Fans überrascht oder vielleicht sogar irritiert sind. Aber genau darin liegt der Sinn dieser speziellen Inszenierung: einen neuen Zugang zum ewigen Thema Leben und Sterben zu eröffnen.

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