Jenseits von Demut und Würde

musica sacra: Passionsmusik in der Linzer Martin-Luther-Kirche

Die Evangelische Kantorei, begleitet vom Orchester Concerto Luterano
Die Evangelische Kantorei, begleitet vom Orchester Concerto Luterano © Werner Kotek

Die traditionellen Konzerte der Evangelischen Kantorei zur Passionszeit in der Martin-Luther-Kirche werden geschätzt und sind für das Publikum unverzichtbar geworden. Allerdings hieß es diesmal, sich gewaltig umstellen für ein fast nur mit Bach-Werken bestücktes Programm, das in der musica-sacra-Reihe am Sonntag ideenreich konzipiert war, aber leider stilistisch nicht den Vorstellungen von einer Passionsbetrachtung entsprach.

Daran änderte auch nichts die eingefügte Kantate des böhmischen Komponisten Jan Dismas Zelenka (1679-1745) mit den Adaptionen an Frescobaldi oder die einleitende Bachsche Bearbeitung des Pergolesi-„Stabat Mater“.

Passionierter Gesang

Die tüchtige Chorgemeinschaft der Evangelischen Kantorei ließ sich gehorsam verführen und sang besonders passioniert eben leidenschaftlich drei Kantaten von Bach, das Kernstück seines Schaffens, von dem mehrere Hundert erhalten sind und den unerschöpflichen Reichtum des Thomaskantors dokumentieren. Sie sind in unterschiedlichen Orten und zu verschiedenen Zeiten entstanden, jedoch jeweils von einer charakteristischen Eigengestalt. Vom frühen Werk des hofkaiserlichen Kapellmeisters Bach als Kantor der Köthener Zeit über Weimar, Dresden bis zum bedeutenden Aufstieg in Leipzig 1723 markieren sie praktisch das Leben und die Persönlichkeitsreife des Barockmeisters. Der legendäre Bach-Biograf Albert Schweitzer hat nicht umsonst das sonstige Bach-Werk einmal als bloß eine „Zutat“ bezeichnet.

So viel Reichtum an protestantischer Kirchenmusik braucht einfühlsame Darstellungen wie es das Multitalent Xenia Preisenberger, interimistisch für die sich in Karenzzeit befindende Leiterin der Kantorei Franziska Leuschner eingesetzt, wohlgefällig zu präsentieren wusste. Pultgewandt und stark in den Sopransoli behauptete sie sich in beiden Rollen auch mit erklärtem Programmwissen, gab jedoch die Siegeskarte ab an die über ihre Heimat Wien hinaus erfolgreiche Altsolistin Johanna Krokovay, primär was die Anpassung der Nuancen ihrer Timbres betroffen hatte. Angenehmer zu hören waren die Herren Florian Großauer (Tenor) mit solider Bruckneruni- Ausbildung und der auch als Opernsänger vielfach bewährte Bass Stefan Zankl.

Dass das als Concerto Luterano betitelte Orchester, auf alten Instrumenten spielend, seine Erfahrungen in der historischen Musizierpraxis gekonnt und hochengagiert zur Verfügung stellte, war nicht zu überhören. Von innerer Tiefe kommend, an die Außenwelt weitergegeben, muss Bachs Musik klingen, davon war nichts oder wenig zu spüren. Aber Bach bleibt ewig und überlebt alles. Seine Musik bereichert immer. Daher durften die Leistungen verdient beklatscht werden.

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