„Kitschelemente sind natürlich trotzdem da“

„Sisi“-Darstellerin Dominique Devenport kannte die „Sissi“-Trilogie aus den 1950ern zunächst nicht

„Ein Leben voller Extreme und voller Zwiespalt“: Dominique Devenport als Sisi, mit Kaiser Franz Josef (Jannik Schümann)
„Ein Leben voller Extreme und voller Zwiespalt“: Dominique Devenport als Sisi, mit Kaiser Franz Josef (Jannik Schümann) © ORF/Beta Film/RTL/Story House Pictures/Lukas Šalna

Die Kaiserin von Österreich-Ungarn ist eine Schweizerin: Dominique Devenport, in Luzern geboren, verkörpert in der neuen „Sisi“-Miniserie, die ab 28. Dezember in ORF 1 zu sehen ist, die Titelrolle. Mit der APA sprach die 25-Jährige über die anhaltende Sisi-Faszination, Unterschiede zu den „Sissi“-Filmen der 50er-Jahre und was sie Romy Schneider keinesfalls abspenstig machen möchte.

Was macht Sisi für so viele Menschen immer noch so faszinierend?

DOMINIQUE DEVENPORT: Ich glaube, da gibt es verschiedene Aspekte. Einerseits ist da die märchenhafte Story des normalen Mädchens, das den Prinzen kennenlernt. Sie verlieben sich und leben dann im Schloss als Prinz und Prinzessin zusammen. Andererseits war Kaiserin Elisabeth eine extrem spannende Person, hat ein Leben geführt voller Extreme und voller Zwiespalt. Es ranken sich so viele Mythen um sie. Ich habe bei meiner Recherche gemerkt, dass man über sie sehr viel lesen, sich anschauen und anhören kann, aber man kriegt trotzdem keinen wirklichen Eindruck von ihr. Wir haben keine Fotos, kein Videomaterial, keine Zeitzeugen, die erzählen könnten, wie sie wirklich war. Nur ein paar Gemälde. Dieser Mythos ist ein großer Teil der Faszination.

Haben Sie bei der Vorbereitung bestimmte Facetten überrascht? Ist Sisi eine positive Figur oder jemand, den Sie gar nicht so sympathisch finden?

Ich dachte, dass die Kaiserin deshalb so ein interessantes Leben geführt hat, weil sie so selbstbestimmt war. Als ich dann mit der Recherche angefangen habe, ist mir mehr und mehr klar geworden, dass die Ursprünge jenes selbstbestimmten Lebens – wie wir es heute nennen – aus einer riesigen Angst kamen, aus einer totalen Flucht aus der Hofburg. Das hat sie in die Isolation getrieben. Dieses Leben war eine Notlösung, um irgendwie überleben zu können. Das war mir in dieser Tragweite nicht bewusst. Natürlich hat man Sympathien für diese Frau und denkt sich: Wie muss sich die gefühlt haben? Auf der anderen Seite hat sie sich ihrer Verpflichtung als Kaiserin komplett entzogen. Diesen Aspekt muss man sich auch bewusst machen.

Sisi-Verfilmungen sind nicht gefeit vor Kitsch und Verklärung. Haben Sie gezögert, als Ihnen die Rolle angeboten wurde?

Ja, doch. Das war tatsächlich einer der größten Punkte, dass ich Angst davor hatte, jetzt so einen totalen Kitsch zu machen. Die Märchen- und Kitschvariante gibt es ja schon, und ich hatte wirklich Angst, dass das in so eine Richtung abdriftet.

Sie meinen die „Sissi“-Filme aus den 1950er-Jahren mit Romy Schneider?

Ja – ohne die schlechtreden zu wollen. Was mich überzeugt hat war, dass ich beim Casting dann Jannik (Schümann, Darsteller von Kaiser Franz Josef, Anm.) und (Regisseur, Anm.) Sven Bohse getroffen und lange Gespräche geführt habe. Ich dachte mir: ,Natürlich, es ist Fiktion, aber mit diesen Leuten wird das nicht in den kompletten Feenzauber abdriften.´.

Kannten Sie die „Sissi“-Filme?

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Nein. Ich habe mir die Filme erst nach der Zusage für die Rolle angeschaut, weil ich wusste, dass die meisten Leute, wenn sie „Sisi“ hören, gar nicht an die Kaiserin denken, sondern an Romy Schneider.

Haben Sie Ihnen gefallen?

Ich verstehe, warum das Klassiker sind. Sie gefallen mir auch. Aber ich war dann auch sehr froh, dass das, was mir gemacht haben, mit diesen Filmen überhaupt nichts zu tun hat und sehr gut neben diesen Filmen existieren kann.

Inwiefern unterscheidet sich die Serie von den Filmen?

Also die Kitschelemente sind natürlich trotzdem da. Aber es ist uns gelungen, Sisi als Mensch mit Bedürfnissen und Ängsten zu zeigen, der Fehler begeht, wütend wird. Ich hatte das Gefühl, dass bei den Filmen kein Mensch gezeigt wird, an den man andocken kann, sondern eine Perfektion, eine Fee. Darüber hinaus wird auch die Franz-Sisi-Liebesgeschichte aus einer anderen Perspektive gezeigt. Sisi war 15, als sie ihn kennengelernt hat. Bestimmt war da etwas zwischen ihnen, sofern in einer Welt voller Regeln und Etikette so etwas wie eine romantisch Stimmung auftreten kann. Ob man das Liebe nennen kann mit 15? Ja, vielleicht. Aber sie haben schnell geheiratet und dann findet man sich in dieser Hofburg wieder mit der Verpflichtung zu repräsentieren und Kinder zu kriegen. Gleichzeitig war Kaiser Franz Josef, der jung war und versucht hat, seine untergehende Monarchie aufrecht zu erhalten, nicht immer süß und romantisch – die Darstellung dieser ambivalenten Beziehung gefällt mir gut.

War Ihnen historische Faktentreue wichtig?

Als ich mich mit der Frau beschäftigt habe, hätte ich mir oft gewünscht, dass das Drehbuch realistischer gewesen wäre – einfach, weil es eine extrem spannende Geschichte ist, die es verdient, so ungeschminkt wie möglich verfilmt zu werden. Aber die Geschichte stand schon. Wir wussten ja schon, was wir erzählen wollen. Deshalb war es mir dann auch wichtig, eine Sisi zu erzählen, die explizit zu unserer Serie passt. Aber ich habe schon aufgepasst und konnte mich auch einbringen, wenn ich mir gedacht habe: ,Ey sorry, aber das macht hier jetzt gar keinen Sinn.´ (lacht) Trotz der Abwandlung der Figur habe ich innerlich schon versucht, so weit wie möglich der historischen Figur gerecht zu werden.

Romy Schneider hat lange mit ihrem „Sissi“-Image gekämpft. Haben Sie als junge Schauspielerin Angst davor, im weiteren Verlauf ihrer Karriere auf ähnliche Rolle festgelegt zu werden?

Ich glaube, dieses Schicksal will niemand erleiden. Das wird Romy nicht gerne hören, aber die Rolle der Sisi darf gerne weiter an ihr kleben bleiben. (lacht) Ich bin jetzt auch am Theater und möchte auch gerne andere Dinge spielen. Insofern bin ich da mal optimistisch und sage: ‘Nee, das wird kein Problem sein.’

Nach den Erfahrungen beim Dreh: Wäre das höfische Leben was für Sie?

Auf gar keinen Fall. Ich bin froh, dass wir das nicht mehr haben.

Interview: Thomas Rieder

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