Klangwunder an Mehrchörigkeit

SWR Vokalensemble feierte mit Spezialprogramm Debüt im Brucknerhaus

Grandiose Sängerinnen aus dem SWR Vokalensemble
Grandiose Sängerinnen aus dem SWR Vokalensemble © LIVA/Oliver Erenyi

Luigi Nono und die venezianische Mehrchörigkeit stand im Fokus des international renommierten SWR Vokalensembles, das am Mittwoch sein Linzer Debüt feierte. Aus einem Stück wesentlicher Geschichte der Literatur der Renaissance bis Frühbarock mit Werken von Meistern, die an der Basilica di San Marco Kapellmeister waren.

Dabei wurde mit einem Rückblick auf die musikalische Blütezeit Venedigs eine Brücke zur Gegenwart gebaut und einer der namhaftesten venezianischen Komponisten ins Programm genommen: Luigi Nono (1924-1990). Der Komponist hat sich von der Dichtkunst inspirieren lassen, indem er für seine aus dem Wort geschöpfte Musik die Allmacht des Klanges im Raum und gar auch jener der Stille nützte.

Der gut bevölkerte Mittlere Saal des Brucknerhauses wurde eigens umgebaut zur vollen Klangentfaltung in seinen „Canciones para Silvia für Sopransolo und sechs Sopranstimmen“ (1960), auch wegen des zweiten Nono-Stückes „Hay que caminar“ sognando für zwei Violinen (1989), das die Spitzengeiger Soo Eun Lee und Alexander Knaak auf Wanderschaft im Saal schickte.

Eine geistig anspruchsvolle Musik durch klangliche Zerlegung und Auflösung von Tönen, deren Zusammenführung primär auf still klingende Raumwirkung abzielt. Eine neue Mehrchörigkeit von Nono kreiert, die nach Jahrhunderten zur venezianischen fast verwandt wirkte. Der überraschende Vergleich konnte sich freilich nur durch die phänomenalen Leistungen des SWR Vokalensembles einstellen. Allesamt solistisch agierende Professionisten mit einer unnachahmlichen Gesangstechnik im homogenen Fließen der wie aus einer einzigen Stimme strömenden polyphonen Musik.

Hypnotisch verbunden mit ihrem unauffällig dirigierenden Pultmeister Marcus Creed entführten sie in die mehrchörigen Klangwelten eines Adrian Willaert, Claudio Monteverdi mit dem Glanzstück „Dixit Dominus“, Francesco Cavalli mit „Salve Regina“ und als Uraufführung „Estelas en la mar“ des zeitgenössischen Spaniers Mauricio Sotelo. Als ebenbürtige Mitwirkende steigerte das bekannt hochkarätig musizierende Instrumentalensemble Castor das Ereignis des Abends mit je einer Sonate von Biagio Martini (1594-1663) und Dario Castello (1602-1631). Viel Applaus dankte allen. G. Szeless

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