Kulturhauptstadt: Tausende rote Fäden im KZ-Stollen Ebensee

Im Gedenkstollen des ehemaligen Konzentrationslagers Ebensee ist am Freitag eine Kunstinstallation der in Osaka geborenen und heute in Berlin lebenden japanischen Künstlerin Chiharu Shiota eröffnet worden. Damit schlägt die Europäische Kulturhauptstadt Bad Ischl eine Brücke in die Vergangenheit. „Es war nicht einfach, hier zu arbeiten“, bekannte die Künstlerin gegenüber Journalisten. „Ich habe all’ meine Energie hineingesteckt.“

Kleider als Überreste des Massenmordes

Shiota hat für ihre „Wo sind wir jetzt?“ genannte und bis 30. September zugängliche Installation tausende rote Fäden an der Decke des 130 Meter langen Stollens befestigt und in diesem beeindruckenden Gewirr 25 weiße und rote Kleider mit ausladenden Stoffbahnen eingearbeitet. Einerseits seien für sie Kleider eine zweite Haut, andererseits bildeten Kleider sichtbare Überreste des Massenmordes, wenn die Körper vergangen seien, hieß es. „Anwesenheit in Abwesenheit“ nennt Shiota das. „Ich arbeite schon lange mit diesem Konzept und finde es interessant, welche Assoziation die Leere bei den Besucherinnen und Besuchern hervorruft.“

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Es solle auch an die Frauen von Ebensee erinnert werden, die die männlichen Häftlinge, die hier unter grauenhaften Bedingungen arbeiten mussten, mit Brot versorgten und dafür bestraft wurden, erinnert werden, sagte Kulturhauptstadt-Intendantin Elisabeth Schweeger, die von einem Ossip-Mandelstam-Gedicht zu diesem Installationsauftrag inspiriert wurde.

Das „Unaussprechliche“ näherbringen

Wolfgang Quatember, Leiter des Zeitgeschichte Museums Ebensee, wo in einer Dauerausstellung die politische Geschichte Österreichs und des Salzkammergutes zwischen 1918 und 1955 aufbereitet wird, zeigte sich zuversichtlich, dass Kunst und Kultur dazu beitrage, Menschen das „Unaussprechliche“ näherzubringen. An den antifaschistischen Widerstand im Salzkammergut erinnern Themenwanderungen, die „Wege des Widerstands“ genannt wurden und zu verschiedenen Schauplätzen in den Bergen der Region führen.

Chiharu Shiota wurde 1972 in Osaka geboren und 2008 in Japan mit dem „Art Encouragement Prize“ ausgezeichnet. Ihre Arbeiten waren u.a. in Brisbane, dem ZKM in Karlsruhe, im Mori Art Museum in Tokio und im Berliner Gropius Bau zu sehen. 2015 wurde sie eingeladen, Japan bei der 56. Biennale von Venedig zu vertreten.

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