Liebeserklärung an Fassbinder

Francois Ozons „Peter von Kant“: So kurzweilig wie Gin Tonic

Star-Regisseur (Denis Ménochet) und Objekt der Begierde (Khalil Ben Gharbia). Im Hintergrund der stumme „Knecht“ Karl (Stefan Crepon), der nicht ewig auf sich herumtrampeln lassen wird.
Star-Regisseur (Denis Ménochet) und Objekt der Begierde (Khalil Ben Gharbia). Im Hintergrund der stumme „Knecht“ Karl (Stefan Crepon), der nicht ewig auf sich herumtrampeln lassen wird. © Polyfilm

Köln 1972, ein ziemlich normaler Morgen (oder geht’s schon auf Mittag zu?) im Leben Peter von Kants. Unruhiger Schlaf wird verscheucht mit Befehlen an Karl (Stefan Crepon), der zu seinem Herrn offenbar in einem Knecht-Verhältnis steht. Telefonate, ein Brief an Romy Schneider. Wenig später wiegt sich Peter von Kant im Tanz vor dem Spiegel, das Lied „Jeder tötet, was er liebt“ von der Schallplatte. Besuch der Schauspielerin Sidonie, die auf Rollenangebote lauert. Der Hausherr gibt sich betont unspießig: „Kaffee, Tee, Kognak?“

Peter von Kant ist Abbild von Regie-Solitär Rainer Werner Fassbinder, den Regisseur Francois Ozon geradezu abgöttisch verehrt. Ozon setzt nun Fassbinder mit „Peter von Kant“ ein weiteres Denkmal, eine Spiegelung von Fassbinders Verfilmung „Die bitteren Tränen der Petra von Kant“.

Das klingt nur kompliziert, läuft aber auf ein geradliniges Kammerspiel hinaus: Sidonie schleppt dem Herrn von Kant den knackigen Jüngling Amir ins Haus, in den sich Kant – Belanglosigkeiten wie das Geschlecht spielen bei der Auswahl seiner Liebespartner keine Rolle – sogleich heftig verknallt.

Adjani & Schygulla

„Peter von Kant“ funktioniert mit seiner Leichtigkeit und seinem Humor, mit der egomanischen Liebeslust und Schwermut seines Hauptakteurs auch ohne Hintergrundwissen. Der reale Rainer Werner Fassbinder liebte einst den tunesisch-marokkanischen Schauspieler El Hedi ben Salem, den er zum Star seines Films „Angst essen Seele auf“ (1971) machte.

„Peter von Kant“ könnte eine One-Man-Show sein des Kant-Darstellers Denis Ménochet, bekannt auch als von Christoph Waltz gequälter Milchbauer im Prolog zu Tarantinos „Inglourious Basterds“. Doch Ménochet umgibt auch noch eine prachtvolle Darsteller-Riege: Isabelle Adjani als Sidonie, die zwar ein Star ist, aber „auch ein Mensch“ (wie doppeldeutig!) sein möchte.

Als Kants Mutter die reale Fassbinder-Gefährtin Hanna Schygulla, als Kants 14-jährige Tochter gefällt Aminthe Audiard, die auch noch wie eine blutjunge Romy Schneider aussieht. Khalil Ben Gharbia ist ein bildschöner junger Mann, dessen Tiefen Regisseur Ozon – die Aufmerksamkeit auf sein Idol Kant/Fassbinder gerichtet – nicht sonderlich interessieren. Zentrum ist die selbstzerstörerische Liebe Kants, die in einem ihn selbst lebensgefährdenden Eifersuchtsanfall gipfelt.

Ozon musste für „Peter von Kant“, Eröffnungsfilm der Berlinale, bereits einiges an Kritik einstecken. Gefälliges, allzu glattes Kino serviere er, quasi blind vor Liebe zu Fassbinder. Ach Gottchen, geschenkt. Es macht einfach großen Spaß, diesem Monster, Egomanen, Verrückten und gnadenlos Liebenden samt seiner Entourage zuzusehen. Gin Tonic schon während des Kinobesuchs empfiehlt sich.

Von Christian Pichler

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