Liebespakt zweier Existenzialisten

Die Korrespondenz zwischen Simone de Beauvoir und Jean Paul Sartre, DAS Philosophenpaar und Begründer des Existenzialismus, beendete am Samstag bei den Salzburger Festspielen eine Trilogie über Paare, die Theater, Literatur und Philosophie des 20. Jahrhunderts prägten. Beauvoir und Sartre vereinbarten schon in den 20er-Jahren völlige Unabhängigkeit, absolute Offenheit und sexuelle Freiheit mit Berichterstattungspflicht. Die Verbindung hielt lebenslänglich.

In den Anreden blieb man konsequent per Sie. Er verwendet ihren Spitznamen „Mein reizender Castor“. Sie nennt ihn „Liebes kleines Geschöpf, mein kleiner Mann“, als Bezug auf seine 153 cm Körpergröße. „Der Schmutzigste, der am schlechtesten Gekleidete und auch vielleicht der Hässlichste“, befindet Simone und sieht sich als Teil von ihm. Er bezeichnet sie als zweites Ich.

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Großer Applaus für Symbiose aus Liebe & Philosophie

Sämtliche Briefe enden mit gegenseitig überschwänglichen Liebesbeteuerungen. Sartre führt ein exzessives Sexualleben. Roh schildert er, wie er seine jahrelang obsessiv Geliebte schlägt und demütigt, reflektiert zugleich: „Da ist etwas sehr Verdorbenes in mir, fühle mich zutiefst als Schwein, mittelmäßig und niederträchtig“. Auch Simone pflegt sexuelle Beziehungen zu Männern wie Frauen, zum Teil gemeinsam mit Sartre.

Beide stellen diese Erfahrungen in einen Zusammenhang mit philosophischen Experimenten. Unüberhörbar jedoch verdrängt Beauvoir Selbsttäuschung und Verletzungen. Schauspielerin Paula Beer bringt als Lesende und Beobachtende leibhaftig die verletzliche zugleich undurchdringlich kühle Eleganz der selbstbewussten Vorkämpferin des Feminismus auf die Bühne. Ihr Kollege Albrecht Schuch liest lebhaft und unberührt.

Immer glaubwürdig in seiner durchgeistigt abgehobenen Liebe, vergräbt er sich in philosophischen Reflexionen und verliert auch real einmal den Überblick in seinen vielen Zetteln. Einen wesentlichen künstlerischen Part des Abends bestreitet Komponost und Pianist Hauschka. Frei improvisiert er zu Philosophie, Krieg und Liebe, treibt die Biografien in musikalische Tiefen, transponiert existenzialistische Gedanken in Tonexperimente. Großer Applaus für die Symbiose aus Liebe und Philosophie.