„Man sieht alles größer, auch die guten Dinge“

Kulturverein Etty: Stück über persönliche Krisen und weltweite Probleme

Tragen die Hoffnung und Zuversicht, die sie aus gemeinsamen Gesprächen geschöpft haben, ins Publikum (v. l.): Bruder David Steindl-Rast, Bettina Buchholz und Johannes Neuhauser.
Tragen die Hoffnung und Zuversicht, die sie aus gemeinsamen Gesprächen geschöpft haben, ins Publikum (v. l.): Bruder David Steindl-Rast, Bettina Buchholz und Johannes Neuhauser. © Kulturverein Etty

„So eine schwere Erkrankung wirkt wie ein Katalysator, wie eine Lupe, die man auf sein Leben und das der anderen richtet“, sagt der Linzer Psychotherapeut, Autor und Regisseur Johannes Neuhauser im VOLKSBLATT-Gespräch.

Die Rede ist von der Krebserkrankung seiner Frau, der Schauspielerin Bettina Buchholz (52), die just, als der Ukraine-Krieg und andere Krisen im vergangenen Jahr virulent wurden, stark an Bedrohlichkeit zunahm. Für das Paar der Zeitpunkt, an dem sie sich dazu entschieden, die persönliche und die allgemeine Situation zum Thema ihrer neuen szenischen Lesung „Lebendig bleiben“ zu machen, die am 22. Jänner (17 Uhr) in der Tribüne Linz Uraufführung feiert.

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Es ist die achte Produktion des Kulturvereines Etty, der stets Menschen mit besonderen Schicksalen in den Fokus nimmt, etwa die von den Nazis in Auschwitz ermordete Jüdin Etty Hillesum.

Erbauliche Gespräche mit David Steindl-Rast

„Es geht nur, soweit es notwendig war, um die Erkrankung und was sie mit einer Familie macht“, betont Neuhauser. Im Vordergrund stehe, wie man schwere Schicksalsschläge bewältigen und gleichzeitig Vertrauen ins Leben gewinnen kann. Weltweite Krisen würden schließlich alle bedrohen.

Manche würden sich in schwierigen Situationen ihrer Ohnmacht überlassen, andere in die Welt der Esoterik fliehen und sich abschotten: „Wir trauen uns, durch dieses Vergrößerungsglas hinzuschauen, dann sieht man alles größer, auch die guten Dinge wie Dankbarkeit.“ Es gehe keinesfalls darum, auf die Tränendrüse zu drücken: „Das ist kein Karwochen-Stück, eher ein Oster-Stück!“

Für die szenische Lesung hat Bettina Buchholz mit Benediktiner-Mönch David Steindl-Rast (96) über persönliche Schicksalsschläge und aktuelle Krisen in der Welt gesprochen und daraus Hoffnung und Zuversicht geschöpft. Die Treffen wurden auf Zoom festgehalten, Ausschnitte davon sind in der Produktion zu sehen. Neuhauser: „Steindl-Rast ist der berühmteste Spirituelle in der christlichen Welt und ein sehr guter Freund des Dalai Lama. Er hat uns erklärt und gezeigt, wie man trotz Krisen ein gutes, sinnvolles Leben führen kann und uns ermutigt, zu tun, was im eigenen Leben möglich ist, damit Frieden herrscht.“

Dafür könnte auch Hannah, die Tochter von Buchholz und Neuhauser, ein Vorbild sein, die schon mehrfach mit ihrer Mutter auf der Bühne stand und auch dieses Mal mit dabei ist. Die 14-Jährige hat ihren eigenen Weg gefunden, mit der Krankheit ihrer Mutter umzugehen. Die schwierige Situation hat ihren Blick auch für die Probleme der anderen geschärft, sie suchte nach Herausforderungen. „Mit einer Freundin war sie am Linzer Bahnhof, um mit ukrainischen Flüchtlingskindern zu spielen. Und vor dem Dom hat sie selbstgebackene Kekse verkauft und den Erlös für ein Projekt in Kiew gespendet“, erzählt Neuhauser. Hannah spielt im Stück sich selbst, erzählt, wie sie die Situation erlebt hat. Bühnenfassung und Inszenierung stammen von Johannes Neuhauser, Günther Gessert liefert Musik, Klänge von besonderen Instrumenten wie dem Marxophon, dazu.

Nach Stammzellentransplantation und Chemos ist Buchholz stabil, will zwei, drei Mal im Monat mit dem eineinhalbstündigen Stück auf der Bühne stehen und den Menschen zeigen, was positive Haltung und Kreativität bewirken können oder, wie sie sagt: „Ich will nicht nur krebskrank sein.“

www.tribuene-linz.at

Von Melanie Wagenhofer