Mann liebt Frau, die Mann liebt, der Frau ist

Premiere: William Shakespeares „Was ihr wollt“ im Schauspielhaus Linz

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Dazu zwei Deppen, einer, der sich zum Deppen macht, und ein Narr, der als einziger kein Depp ist. Shakespeares brillanteste Komödie „Was ihr wollt“ (UA um 1600) feierte am Samstag am Landestheater Linz Premiere.

Dramaturg Andreas Erdmann nahm eine Neuübersetzung der vielschichtigen Verwechslungskomödie vor, komprimierte mit Regisseur Matthias Rippert auf kurzweilige zweieinhalb Stunden samt Pause. Grundgerüst und Geist bleiben erhalten. Schöngeistig-Philosophisches für die Besseren. Derb Frivoles für die billigen Plätze, wenn etwa ein Pfarrer (Eva-Maria Aichner) mühlviertlerisch salbadert oder die Gräfin „Hau ab, du Koffer“ entgleist.

Nach einem Schiffbruch wähnen die Zwillinge Viola und Sebastian den jeweils anderen ertrunken. In Illyrien gestrandet, verkleidet sich Viola als Mann, nennt sich Cesario und tritt in den Dienst des Herzogs Orsino, in den sie sich auf den ersten Blick verliebt. Der aber hat Auge und Herz auf die schöne Gräfin Olivia geworfen. Ausgerechnet Cesario dient dem Herzog nun als Liebesbote, dem wiederum Olivia in wilder Leidenschaft verfällt. Theresa Palfi gibt eine schnoddrigen Viola, kühl und abweisend, zugleich brachial Liebende. Lippenstift auf Sixpack und Unterhose von Violas Zwilling Sebastian (Jakob Kajetan Hofbauer) lassen keine Zweifel, wie Frau Gräfin im Schlafgemach agiert. Die Regie kann auch Trash.

Die schönsten Momente gehören nonverbal dem Fürsten von Illyrien, Herzog Orisino alias Jan Nikolaus Cerha. Irritationen lässt er stumm sickern, bis er versteht oder auch nicht. Eine wasserstoffblonde Langhaarperücke (Kostüme: Johanna Lakner) definiert den eitlen Teil seiner Persönlichkeit, das Zitat „Immer immer wieder geht die Sonne auf“, seine zeitliche Verortung.

Da bleibt auch die Lachnummer stecken

Als despotischer Haushofmeister wird Christian Taubenheim als Malvolio Opfer einer Racheaktion von Hausdame Maria (Katharina Hoffmann) und den beiden Trunkenbolden Sir Toby und Ritter Andrew. Beim Lesen des intriganten Briefes überzeichnet er schon so stark, dass er zwar dafür den einzigen Szenenapplaus erhält, das Pulver aber zu früh verschießt. Im Paradestück, wo Malvolio schließlich als Karikatur seiner selbst mit unsäglichen gelben Strümpfen und kreuzweisen Strapsen samt Dauergrinsen die Gräfin bezirzen will, bleibt der Witz auf der Strecke. Die Intrige schlittert gar Richtung quälen und Missbrauch. Dort bleibt auch Marias Lachnummer stecken.

Das Bühnenbild von Fabian Liszt referiert die gesamte Vorstellung hindurch auf das finale Regenlied des Narren. Graue statische Figuren mit Regenschirmen drehen sich im Hintergrund. In der Menge verstecken sich Lauscher, spielen verdeckt die Musiker. Die dezenten Sounds arrangiert Robert Pawilicek, soft und doppelsinnig wird es in den Liedern des hintergründig wissenden Narren Christian Higer.

Als Sir Toby und Ritter Andrew kommen zwei Posthippies mit Vokuhilas und orange-lila Samtanzügen daher. Alexander Hetterle gefällt in den differenten Stadien der Besoffenheit, gewollt blass sein unterständiger Kumpan Daniel Klausner.

Shakespeares Intention, Menschen zu zeigen, die nicht ihr Gegenüber lieben, sondern die Vorstellung, die sie sich von ihm machen steht zweitrangig, überholt auch das Hinterfragen von Geschlechterrollen.

Bleibt eine schauspielerisch großartige Spaßgesellschaft aus mitunter recht hinterhältigen Individualisten in einer genialen Komödie, der dank lässiger Übersetzung und flotter Inszenierung auch ein vergeigter Hauptact nichts anhaben kann. Langer Applaus.

Von Eva Hammer

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