Multimedia-Installation „Unter die Haube“: Tracht neu gedacht

Franziska Pruckner verwebt in einem Kunstprojekt die Linzer Goldhaube mit surrealistischer Malerei und Feminismus - Zu sehen am Freitag, 13. September, im Linzer Haus der Frau

Haubenstickerei von Franziska Pruckner © Franziska Pruckner

Wie kann man Tradition und moderne feministische Werte unter einen Hut bringen? Mit ihrem multimedialen Kunstprojekt „Unter die Haube“ nähert sich die niederösterreichische Künstlerin Franziska Pruckner genau dieser Frage. In ihrer Neuinterpretation der Linzer Goldhaube verbindet sie Altes mit Neuem: Surrealistische Malerei und digitale Fotomanipulation treffen dabei auf textiles Kunsthandwerk. Am Freitag (13. September) präsentiert Pruckner ihr Kunstprojekt im Haus der Frau in Linz.

Die Tracht kann sich nicht ganz von ihrem Bild als Relikt der Vergangenheit lösen. Wird sie doch oft mit konservativen Geschlechterrollen in Verbindung gebracht und repräsentiert damit auch längst verstaubte Frauenbilder.

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Emanzipatorische Geschichten

Dass die traditionelle Kleidung aber auch emanzipatorische Geschichten erzählen kann, zeigt das Beispiel der Linzer Goldhaube. Denn die bestickte Kopfbedeckung wird seit Generationen in liebevoller Handarbeit mühselig hergestellt und das meist von Frauen für Frauen. Die Fertigstellung der Unikate kann dabei bis zu 300 Stunden dauern.

Um diese Tradition zu bewahren, haben sich schon in den 1920er-Jahren die stolzen Trägerinnen zusammengeschlossen und Verbände gegründet, wie es auf der Webseite der oberösterreichischen Goldhaubengruppen zu lesen ist. Diese verstehen sich dabei auch als karitative Gruppen und unterstützen wohltätige Projekte wie die Kinderkrebshilfe oder Licht ins Dunkel. Dass sich diese Bemühungen ausgezahlt haben, beweist die Ernennung zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO 2016.

Symbol für die Hochzeit

Gleichzeitig steht die Linzer Goldhaube aber auch symbolisch für die Hochzeit. Traditionell wird die güldene Kopfbedeckung erst bei der Vermählung von einer Generation an die nächste weitergegeben und darf nur von verheirateten Frauen zu kirchlichen Festen getragen werden. Somit lasten ihr auch zugleich Aspekte patriarchaler Strukturen auf den Schultern (beziehungsweise den Goldhaubenträgerinnen auf dem Kopf).

Schürzenreste verwebt

Franziska Pruckner, Absolventin des Lehrgangs Textil- und Kunstdesign der Linzer Kunstuni, widmet sich nun in ihrem multimedialen Kunstprojekt genau diesem traditionsreichen Trachtenelement und damit zusammenhängenden Feminismusfragen. In „Unter die Haube“ verwebt sie Schürzenreste von Mutter, Groß- und Urgroßmutter zur Linzer Goldhaube und verweist damit auf die generationenübergreifende Weitergabe des Wissens des weiblich behafteten Handwerks.

„Frauen mit Gold aufgewogen“

Gleichzeitig möchte die Künstlerin die Trachtenhaube aber auch von ihrer Symbolik als traditionelle Hochzeitsmitgift lösen, „wodurch Frauen mit Gold aufgewogen werden“, sagt sie im Gespräch mit der APA. Das gelingt ihr durch das dekorative Besticken der Haube mit surrealistischen Elementen.

Fotomanipulation und Zeichnungen

In einem Selbstporträt setzt sie diese zusammen mit einer eigenhändig genähten weißen Tracht, die erneut die Hochzeitsthematik aufgreift, fotografisch in Szene. Mittels Fotomanipulation und Zeichnungen wird die idyllische Hügellandschaft im Hintergrund verfremdet. Ausgestellt werden die Bilder in Form eines Triptychons neben Haube, Tracht und weiteren Zeichnungen.

Brauchtum und Fortschritt

Mit ihrer Installation will Pruckner zeigen, dass Brauchtum und Fortschritt einander nicht ausschließen müssen. Vielmehr öffnet sie einen multimedialen Raum genau für diesen Diskurs. Viel Zeit, sich die künstlerische Neuinterpretation der Linzer Goldhaube anzusehen, hat man nicht – nämlich nur am Freitag ab 18 Uhr bei der Vernissage im Bildungs- und Begegnungszentrum „Haus der Frau“ der Linzer Diözese sowie am Folgetag zwischen 9 und 12 Uhr. Danach gibt es immerhin die Möglichkeit, sich das Multimedia-Projekt auf der Webseite der Künstlerin anzuschauen.

Im kommenden Jahr werde es aber möglicherweise eine Weiterverarbeitung der Installation geben, deutet Pruckner an. „Ein Kunstwerk muss sich immer im Prozess bzw. jeweiligen Kontext weiterentwickeln und definieren.“ Dieser Kontext hat sich nun geändert: Vor kurzem hat sich die Künstlerin verlobt und damit den Prozess eingeleitet, selbst „unter die Haube“ zu kommen.