Musica sacra Konzert auf neuen Wegen im Linzer Mariendom

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Lange und laut noch nach dem Hinausgehen brauste der von standing ovations begleitete Beifall aus dem ausverkauften Linzer Mariendom auf, als gelte er einem Popstar. Nein, einer Jazzmesse, nicht mehr ungewöhnlich in dem heuer seinen 100. Bestand begehenden Gotteshaus. Der armenische Komponist Karen Asatrian (Jg. 1972) brachte seine Messe für Chor & Jazzensemble „Prayer Wheel“ – auch auf CD abzuhören – nach Linz und konnte damit einen sensationellen Erfolg einfahren.

Er schrieb das Werk zum Gedenken an den mehr als vor hundert Jahren am armenischen Volk durch das osmanische Reich verübten Genozid und verbindet in seiner Musik unterschiedliche Kulturelemente auf einer faszinierenden Reise durch die Geschichte. Des spontan packenden Eindrucks kann man sich nicht entziehen, wie hier klangtypische Harmonik, Melodik und beschwörende Konsequenz ineinanderfließen.

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Die lateinischen Texte werden in den gängigen Messteilen durch tonale Modulationen variiert ineinander verflochten und verschmelzen in Wiederholungen mit der Musik, analog den buddhistischen Gebetsmühlen, daher auch der Werktitel. Das ostinate „Mahlen“ der Klänge erinnert an sequenzartige Schlüsse traditioneller klassischer Musik.

Trotz dominanter rhythmischer Akzente, wie man sich diese bei Jazzmusik vorstellt, überzeugt der Komponist von einer weltumfassenden Beherrschung in formalen Fragen. Losgelöst von historischen Gedanken, gibt man sich daher entspannt, dem musikalischen Geschehen hin. Alle dies Vorzüge hervorzukehren, bedient sich Asatrian eines bescheidenen Instrumentenensembles aus Daniel Nösig, glanzvoll herausragend auf der Trompete, Uli Langthaler auf dem Bass, Emil Kristof (Drums) und mit ihm selbst auf dem Piano. In erweiterter Besetzung durch die aus Bagdad stammende Solosopranistin Rita Movsesian im heimatbewussten Outfit mikrofonverstärkt ihre Stimme verströmend.

Umso großzügiger legte Asatrian den Chorpart an, den das Collegium Vocale Linz, einstudiert von seinem Gründer Josef Habringer, dem auch das Zustandekommen dieses Gastspiels zu verdanken ist, mit spürbarer Hingabe und einem immerhin ungewohnten Stilgefühl meisterte. Wesentlichen Beitrag zu dem festlichen Ereignis leistete als Dirigent Davorin Mori, hinlänglich bekannt seit seinen Salzburger Festspielerfolgen und diesmal besonders positiv auffallend, wie er mit seinem gestalterischen Gestenrepertoire den Akustiktücken im Kirchenraum begegnete.

Von Georgina Szeless

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