Nahostkonflikt bei Filmfestspielen in Cannes diskret präsent

Yolanda Zauberman stellte „La Belle de Gaza“ vor © APA/AFP/VALERY HACHE

„Gaza war ein schwarzes Loch und ist zum Mittelpunkt der Welt geworden“, sagt die israelisch-französische Filmemacherin Yolande Zauberman. Sie hat beim Filmfestival in Cannes einen Gaza-Film vorgestellt, der bereits vor dem brutalen Großangriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober entstand. „La Belle de Gaza“ erzählt die Geschichte arabischer Transfrauen, die in Tel Aviv leben, und hat das Festivalpublikum berührt.

Aber auch die Lage im Nahen Osten nach dem Ausbruch des Gaza-Kriegs ist in Cannes präsent. Beim täglichen Schaulaufen auf dem roten Teppich gibt es hin und wieder diskrete Solidaritätsbekundungen für Israel oder die Palästinenser. Ein Eklat wegen des Gaza-Kriegs wie auf der Berlinale im Februar blieb bisher aus.

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Der bisher eindringlichste Appel kam von der Franko-Israelin Laura Blajman-Kadar, die den Hamas-Angriff auf dem Nova-Festival in der Negev-Wüste überlebt hatte. Sie zeigte sich den Fotografen in einem langen gelben Abendkleid, auf dem Fotos der von der Hamas entführten Geiseln zu sehen waren. Auf einer schwarzen Schärpe war zu lesen: „Bring them Home“ (Bringt sie nach Hause). Der französische Schauspieler Philippe Torreton zeigte sich mit einer gelben Schleife am Revers, dem Zeichen der Solidarität mit den Geiseln.

Pro-palästinensische Statements an der Kleidung fielen bisher noch diskreter aus. Die Schauspielerin Leïla Bekhti, die kürzlich für UNICEF einen Hilfsappell für Kinder im Gazastreifen veröffentlicht hatte, zeigte sich mit einer Anstecknadel, die einen herzförmigen Ausschnitt einer Wassermelone darstellte. Die Frucht ist zum Solidaritätssymbol geworden, weil ihre Farben der palästinensischen Flagge entsprechen.

Einer der wenigen Prominenten in Cannes, die sich öffentlich zur Lage im Nahen Osten äußerten, ist der Schauspieler Omar Sy. Das durch Filme wie „Ziemlich beste Freunde“ bekannte Jurymitglied veröffentlichte kurz vor Beginn des Festivals in Online-Netzwerken einen knappen Aufruf zum sofortigen Waffenstillstand im Gazastreifen.

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Vorausgegangen war ein propalästinensischer Appell auf TikTok, der unter dem Hashtag „blackout2024“ dazu aufruft, Social-Media-Konten von Stars zu blockieren, die zum Gaza-Krieg bisher geschwiegen haben. Internationale Stars wie Beyoncé und Kim Kardashian haben deswegen bereits einige hunderttausend Follower verloren. Politische Äußerungen sind in Cannes keine Seltenheit. Die Festivalleitung in Cannes duldet sie bis zu einem gewissen Grad – und hofft dabei vor allem, dass die internationalen Konflikte das Festival nicht in Form von Gewalttaten erreichen.

Bei der Berlinale-Preisverleihung Ende Februar waren mehrere scharf israelkritische Reden gehalten worden. So ging der Filmemacher Ben Russell mit einem Palästinensertuch auf die Bühne und äußerte Genozid-Vorwürfe wegen des israelischen Vorgehens im Gazastreifen. Aus dem Publikum kam dafür Applaus. In der Folge ernteten unter anderem die Festivalleitung und die Jury scharfe Kritik, sie hätten sich nicht klar genug gegen die Israel-feindlichen Äußerungen positioniert.

In Cannes hätte eigentlich auch der von der israelischen Regierung und Armee produzierte Film gezeigt werden sollen, der mit Hilfe von Handyvideos und Bildern von Überwachungskameras den äußerst brutalen Hamas-Angriff dokumentiert. Er wurde in den vergangenen Monaten mehrfach Politikern und Diplomaten gezeigt. Manche von ihnen berichteten über „kaum aushaltbare“ Szenen. Kurz vor der Vorführung am Freitag wurde diese jedoch abgesagt – aus Sicherheitsgründen.

In einem weiteren Film im offiziellen Programm erzählt der dänisch-palästinensische Filmemacher Mahdi Fleifel die Geschichte zweier junger Palästinenser aus einem Lager im Libanon, die auf der Flucht nach Deutschland in Athen hängen bleiben. Anlässe, über den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern zu sprechen, gibt es in Cannes viele.

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