Nelsons erwies sich als Meister der Dynamik

Neujahrskonzert 2020: 41-jähriger Lette debütierte mit Opulenz — 2021 kommt Muti wieder

Liebling der Wiener Philharmoniker: der 41-jährige Andris Nelsons
Liebling der Wiener Philharmoniker: der 41-jährige Andris Nelsons © APA/H. Neubauer

Andris Nelsons hat sein Debüt als Dirigent des Neujahrskonzerts mehr als souverän bestanden. Der Lette hatte kräftig in der Wiener Ursuppe gerührt und den Rezepten der Strauß-Dynastie opulente Würze verliehen.

Es dürften keine ungetrübten Proben für den 41-jährigen Dirigenten gewesen sein. Erst vor einem Monat war sein Mentor und Landsmann Mariss Jansons gestorben, der bereits drei Mal das Neujahrskonzert dirigiert hatte, zuletzt 2016. Nelsons, den Wiener Philharmonikern schon zuvor künstlerisch eng verbunden, antwortete von Beginn an mit der im Vorfeld angekündigten Lebensfreude: Carl Michael Ziehrers Ouvertüre zur Operette „Die Landstreicher“ erfüllte den Goldenen Saal mit Wucht.

Auch danach hatte Nelsons immer die große Klangwolke im Sinn. Wenn er etwa bei der Italien-Hommage „Wo die Citronen blüh’n“ (Johann Strauß Sohn) Ritardandi auskostet, oder bei Franz von Suppes Ouvertüre zur Operette „Leichte Kavallerie“ die Sporen einsetzt. Der Lette bewies sich stets als Meister der Dynamik, der auch über seine Rolle am Pult hinaus gerne ins Geschehen eingreift und bei Hans Christian Lumbyes „Postillon-Galopp“ selbst zur Trompete greift. Nicht nur das Strauß-Gestirn und dessen musikalische Nachbarn standen im Zentrum des Geschehens. Beethoven, dessen Geburtstag sich heuer zum 250. Mal jährt, war mit einer Auswahl seiner „12 Contretänzen“ vertreten — die auffallend fragil dargeboten wurden.

An die Gründung des Musikvereins wurde gleich mit mehreren Stücken erinnert, etwa mit dem Walzer „Freuet Euch des Lebens“ von Strauß Sohn. Mit dem Walzer „Liebesgrüße“ des heuer vor 150 Jahren verstorbenen Bruders Josef grüßte man unterdessen die Salzburger Festspiele.

Auch durch die traditionellen Zugaben führte Nelsons mit Souveränität und wohldosiertem Bombast — auch wenn der Neujahrskonzertdebütant vor dem „Donauwalzer“ beinahe „Die Wiener Philharmoniker und ich wünschen Ihnen Prosit Neujahr“ vergessen hätte. Dennoch kitzelte er zum Schluss die letzten Nuancen aus dem Strauß-Klassiker, schob beim „Radetzky-Marsch“ noch einmal kräftig beim Tempo an und schickte das Publikum so akustisch berauscht ins neue Jahr.

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2021 wird — bereits zum sechsten Mal — Riccardo Muti den Taktstock beim Neujahrskonzert schwingen.

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