Neue Vorwürfe gegen Linzer Brucknerhaus-Intendanten

Dietmar Kerschbaum stand zu Silvester im Brucknerhaus in „Der Vogelhändler“ an der Seite seiner Ehefrau Renate Pitscheider und Theresa Grabner (Bild) auf der Bühne. © Raphael Mittendorfer

Nach einem kritischen Prüfbericht des Linzer Kontrollamts zum Brucknerhaus im Juli 2023 sieht sich Intendant Dietmar Kerschbaum mit neuen Vorwürfen konfrontiert. Wie der „Falter“ am Dienstag online berichtete, dürfte es dabei um fragwürdige „In-sich-Geschäfte“ sowie um die Vergabe der Programmgestaltung an eine Künstleragentur gehen. Zudem soll seine Bestellung 2017 geschoben gewesen sein. Kerschbaum wies die Vorwürfe zurück.

Kerschbaum hatte sich 2017 im Hearing gegen seine Mitbewerber um die Funktion des Intendanten und Vorstandsdirektors der Linzer Veranstaltungsgesellschaft (Liva) durchgesetzt. Der Burgenländer bekam sieben von zwölf Stimmen, vier Mitglieder stimmten gegen ihn, eines enthielt sich. Dem „Falter“ liegen laut eigenen Angaben E-Mails vor, wonach Kerschbaum bereits vor dem Hearing die Fragen der Kommission erhalten haben soll, was dieser auf Nachfrage nicht abgestritten habe. Liva-Aufsichtsratsvorsitzender Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) will im November 2023 davon erfahren haben, hieß es weiter. Ein in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten werde am Freitag in der Aufsichtsratssitzung vorgelegt. Dies bestätigte Luger in einer Aussendung am späten Dienstagnachmittag kurz vor Erscheinen des Online-Artikels. Die Sitzung am kommenden Freitag diene auch der ausführlichen Beratung „über konkrete weitere Konsequenzen, die es zu ziehen gilt“, so der Bürgermeister.

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In dieser Sitzung soll auch den In-sich-Geschäften nachgegangen werden. Kerschbaum ist auch ausgebildeter Tenor. Für Auftritte im eigenen Haus engagierte sich der Intendant laut dem Artikel selbst und dürfte sich wohl eine Sonderbehandlung genehmigt haben. So hätten etwa beim musikalischen Adventkalender die Künstler nur eine Aufwandsentschädigung von 200 Euro erhalten, Kerschbaum soll sich eine Gage von 5.000 Euro bewilligt haben.

Ebenfalls soll am Freitag thematisiert werden, dass der Intendant die Programmplanung des Brucknerhauses mit Juni 2023 an eine internationale Künstleragentur ausgelagert habe. Wie auch schon die „Oberösterreichischen Nachrichten“ im September des Vorjahres berichtet hatten, wurde nach dem Abgang des Dramaturgen des Brucknerhauses ein interimistischer und freiberuflicher Nachfolger eingesetzt. Jener Künstleragent arbeite jedoch nach wie vor für die private Firma weiter und vermittle gleichzeitig Künstlerinnen und Künstler an das Linzer Konzerthaus. Um offenbar nicht den Eindruck einer schiefen Optik entstehen zu lassen, sei zwar vertraglich geregelt worden, dass Künstler, die durch jene Agentur vertreten werden, nicht über ein „übliches Ausmaß“ eingeplant werden dürfen. Offen sei jedoch laut „Falter“, ob dies auch für jene große Künstleragentur Europas gelte, zu der besagte Agentur gehöre.

Das Kontrollamt der Stadt hatte vergangenes Jahr vor allem kritisiert, dass es für die Vergabe von Freikarten kein Regulativ gebe sowie von einem Wildwuchs an Abo-Angeboten bei stark rückläufigen Abonnentenzahlen und gestiegenen Repräsentationsaufwänden gesprochen.

„Die vom “Falter“ gezogenen Schlüsse zu den im Artikel dargestellten Punkten sind nicht zutreffend“, reagierte Kerschbaum in einem kurzen schriftlichen Statement an die APA. Er verwies auf die Aufsichtsratssitzung am Freitag, „in der alle Anschuldigungen behandelt werden. Dies ist ganz in meinem Sinne, damit die vorgebrachten Behauptungen richtiggestellt werden.“ Konkreter wolle er sich erst nach dieser Sitzung äußern.

Angesichts der Vorwürfe hat der Fraktionsvorsitzende der NEOS Linz und Kontrollausschuss-Vorsitzender Georg Redlhammer „die sofortige Abberufung“ von Kerschbaum gefordert. Der Intendant, dessen Vertrag noch bis 2027 läuft, sei „nicht mehr tragbar“, richtete er dem Bürgermeister aus. Die Beweise, die die Wiener Wochenzeitung vorlege, seien „erdrückend“. Die Anschuldigungen sind zehn Tage vor den Jubiläumsveranstaltungen zum 50-jährigen Bestehen des Brucknerhauses öffentlich gemacht worden.

Die Kulturplattform Oberösterreich (KUPF) zeigte sich empört: „Während die freie Szene jeden Euro zweimal umdrehen muss, spielt Geld in der Linzer LIVA scheinbar keine Rolle“, so Geschäftsführer Thomas Diesenreiter.

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