Neuer Kunstakademie-Standort: Ballonhalle bekommt Kopfbau

Das Büro Schenker Salvi Weber Architekten wird die „Ballonhalle“ aus dem Jahr 1916 im Wiener Arsenal zu einem neuen Standort für die Akademie der bildenden Künste Wien umbauen und mit einem mehrgeschossigen Turmbau vorsichtig an den denkmalgeschützten Bau andocken. Der Siegerentwurf des EU-weiten offenen Architekturwettbewerbs wurde heute vom Bildungsminister, der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) als Bauherr und Liegenschaftseigentümer und der Akademie vorgestellt.

Das Gesamtinvestitionsvolumen für das neue universitäre Exzellenzzentrum für Konservierung und Materialwissenschaft in der Kunst beträgt 50,1 Mio. Euro, die Nettoraumfläche rund 6.000 Quadratmeter, die Nutzfläche rund 3.800 Quadratmeter. Damit gewinnen die beiden Institute (Institut für Restaurierung und Konservierung und das Institut für Naturwissenschaften und Technologie in der Kunst) gegenüber dem aktuellen, temporären Standort in der Augasse rund 1.300 Quadratmeter Nutzfläche. Ursprünglich hätten sie nach der Sanierung des Hauptgebäudes wieder an den Schillerplatz rückübersiedeln sollen, nun können in dem neuen Gebäude Werkstätten, Labore und Veranstaltungsräume untergebracht werden. In der derzeit vom Mieter LiveGroup als Event Location angebotenen Halle wird neben der Bibliothek auch eine Aula entstehen, die für Veranstaltungen und das universitäre Leben an dem neuen Standort, an dem künftig rund 100 Studierende arbeiten werden, intensiv genutzt werden kann. Baubeginn ist Ende 2025, mit Aufnahme des Betriebs wird für das Wintersemester 2027 gerechnet.

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Die Ballonhalle wurde als Teil der militärischen Infrastruktur errichtet und erst vor einem Jahr von der BIG vom Bundesheer erworben. Das charakteristische Tonnendach soll erhalten und die derzeit mit einer eingezogenen Dämmung und Verkleidung verdeckte Holzfachwerk-Tragekonstruktion freigelegt werden. Ein frei stehender Einbau, eine „Box auf Stelzen“, soll die große Fläche und den 15 Meter hohen Luftraum mit einer neuen Etage für Seminarräume bestmöglich nutzen und gleichzeitig den Eindruck der Weitläufigkeit erhalten. Richtung Tangente wird ein moderner Zubau errichtet. Dieser besteht aus einer eingeschoßigen Halle mit Sheddach (Sägezahndach) für die Werkstätten und Ateliers und einem fünfgeschoßigen, turmartigen „Kopfbau“ mit hinterlüfteter Metallfassade als Büro- und Laborgebäude. Um dem Denkmalschutz Rechnung zu tragen, ist der Neubau mit der Ballonhalle nur über eine Fuge verbunden, sodass der Eindruck entstehen soll, er „überschwebe“ den Altbestand.

„Insgesamt handelt es sich um einen sehr überzeugenden Entwurf, der städtebauliche, architektonische, funktionale und ökologische Kriterien synthetisch zusammenführt und dabei einen gelungenen Dialog zwischen Bestands- und Neubau inszeniert“, begründete die Wettbewerbsjury ihre Entscheidung für den Entwurf von Schenker Salvi Weber Architekten.

Wissenschaftsminister Martin Polaschek (ÖVP) nannte das Vorhaben in den Unterlagen „ein bedeutendes Bauprojekt, das nicht zuletzt unsere Position in Bildung, Wissenschaft und Forschung nachhaltig stärken und voranbringen wird“. Hans-Peter Weiss, CEO der BIG, betonte vor allem den Umstand, dass bei dem Umbau „die sehr hohen Nachhaltigkeitsstandards der BIG erfüllt und attraktive Grünräume geschaffen werden. Die Nutzung von Bestandsgebäuden schont wertvolle Ressourcen, verhindert neue Bodenversiegelung und ist gelebter Klimaschutz.“

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Laut Projektleiter Clemens Novak wird für das Bauprojekt der „Nachhaltigkeitsstandard klimaaktiv Gold“ angestrebt, was nicht nur in der genutzten Geothermie und der Hochwärmedämmung der Gebäudehüllen zum Ausdruck kommt. „Es kommen Materialien mit niedrigen Emissionswerten zum Einsatz und die Materialien werden so gewählt und verbaut, dass sie nach dem Lebenszyklusende der Gebäude demontiert und wiederverwendet werden können. Damit werden Gebäude zu Rohstoffdepots für künftige Generationen“, hieß es dazu. Richard Schöberl, Leiter des Unternehmensbereichs Universitäten in der BIG, betonte zudem die Freiraumgestaltung mit einem Grünkorridor samt Baumallee Richtung Tangente.

Auf dem Nachbargrundstück wird die Technische Universität Wien später einen daran unmittelbar anschließenden Neubau errichten, sodass ein neuer, campusartiger Universitäts-Cluster die Kultur-Institutionen des Arsenal, wo zum Heeresgeschichtlichen Museum und den Probebühnen und Werkstätten der Bundestheater Anfang 2025 das neue Fotografiezentrum Foto Arsenal Wien und das Filmmuseum LAB dazukommen, ergänzen wird.

Johan F. Hartle, Rektor der Akademie der bildenden Künste Wien, freute sich beim Rundgang auf dem neuen Gelände im Gespräch mit der APA nicht nur über die neuen, verbesserten Arbeitsbedingungen der Kolleginnen und Kollegen, die bei der Untersuchung und Restaurierung von fragilen und wertvollen Kunstwerken und Kulturgütern beste räumliche und technische Voraussetzungen haben werden, und den neuen „städtebaulichen Akzent am Eingang zum Arsenal“, der durch den turmartigen Anbau gesetzt werden könne, sondern auch über die neue und künftige Nachbarschaft zu zahlreichen Kulturinstitutionen. Mit einer Nachbarschaft ist er allerdings „nicht recht glücklich“. Direkt gegenüber dem neuen Gebäude, das Modernität und Gestaltungswillen ausstrahlen soll, steht markant ein roter Riesen-Sessel vor dem Eingang zu einem Möbelhaus. Aber bis zur Eröffnung des neuen Exzellenzzentrums gibt es ja noch ein paar Jahre, die für Gespräche mit den Nachbarn genutzt werden könnten, um auch künstlerische Akzente in der Umgebung zu setzen.

In der Aula der Akademie am Schillerplatz sind ab heute, Freitag, bis 10. April (jeweils bis 18 Uhr und bei freiem Eintritt) alle 25 jurierten Entwürfe zum Architekturwettbewerb „Ballonhalle“ zu sehen, die sechs bestgereihten Entwürfe auch mit den jeweiligen Modellen.

akbild.ac.at

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