Nova Rock – Startschuss für Festival verlief entspannt

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Billie Joe Armstrong animierte beim Nova Rock die Massen © APA/EVA MANHART

In Sachen Starpower hatte der erste Nova-Rock-Tag einiges zu bieten: Nicht nur stattete Hollywood-Schauspieler Keanu Reeves mit seiner Band Dogstar den Pannonia Fields einen Besuch ab. Die 90er-Helden von Jane’s Addiction waren nach mehr als 30 Jahren wieder einmal in Österreich zu erleben. Green Day zogen am Ende eine gewohnt unterhaltsame Show ab. Insgesamt zeigte sich der Festivalauftakt von seiner wettertechnisch freundlichen und musikalisch abwechslungsreichen Seite.

Green Day präsentierten sich als Headliner auf der Blue Stage in der Nacht auf Freitag nicht zum ersten Mal bei einem Nova Rock als perfekt eingespielte (live verstärkte) Band. Billie Joe Armstrong, auch mit 52 Jahren wie ein jugendlicher Schelm wirkend, und seine Kollegen legten mit „The American Dream Is Killing Me“ vom aktuellen Album „Saviors“ los, um sich dann ausgiebig den Klassikern „Dookie“ und „American Idiot“ zu widmen, die vor 30 Jahren bzw. 20 Jahren erschienen sind. Zum Jubiläum wurde ersteres fast komplett und zweites in ganzer Pracht dargeboten. Songs wie „Burnout“, „Know Your Enemy“ (mit weiblichem Fan als Gesangspartnerin auf der Bühne) und „Brain Stew“ (samt kurzem Black-Sabbath-Tribut) vom 95er-Werk „Insomniac“ repräsentierten im ersten Akt die punkig, harschere Seite der US-Formation.

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In Teil zwei der Darbietung huldigten sich Green Day selbst, indem sie ihre komplexere und breitenwirksamere Masterarbeit „American Idiot“ mit Verve zelebrierten. Lieder wie „Jesus of Suburbia“, „Holiday“ oder die temporeduzierten Stücke „Boulevard Of Broken Dreams“ und „Wake Me Up When September Ends“ altern einfach nicht. So wenig wie die Energie von Drummer Tré Cool, der mit Power die Marschrichtung vorgab – im perfekten Rhythmusverbund mit Bassist Mike Dirnt. Das hymnische „Good Riddence (Time Of Your Life) beendete eine ordentliche Darbietung, wie man sie von Green Day – mit wechselnder Setlist – über die Jahre immer wieder erlebt hat.

Green Day bedeutet aber nicht nur Musik zwischen Pop, Rock und Punk, sondern auch Show samt Feuersäulen und Detonationen. Ein (aufblasbares) Flugzeug wie am “Dookie“-Albumcover segelte über die Köpfe der Fans und ließ „Bomben“ abfallen. Immer wieder animierte Armstrong die Massen und setzte zum Call-and-Response an. Dass er das extrem ausreizt, ist auch längst Green-Day-Ritual. Auf der zweiten Bühne, der Red Stage, gingen Gloryhammer noch einen Schritt weiter: Sänger Sozos Michael schwang einen überdimensionalen Hammer, dem er einen grünen Oger entrissen hatte. Die Parodie auf Powermetal-Klischees zog ein durchaus beachtliches und enthusiastisches Publikum an. Als Rausschmeißer fungierten schließlich Sisters of Mercy.

Zum rekordverdächtigen siebenten Mal standen Billy Talent beim Nova Rock auf der Bühne: „Das ist das größte Festival in Österreich, und es hat uns den Durchbruch hierzulande gebracht“, sagte Gitarrist Ian D’Sa im APA-Gespräch. „Wir sind wieder einmal hier und es ist immer noch aufregend.“ Das galt auch für das Publikum, das die Band nicht im Stich ließ und von Anfang an bei Nummern wie „Surrender“ oder „Try Honesty“ ordentlich Stimmung machte. Das knackige „Red Flag“ gilt ohnehin als geheime Festivalhymne – da machte selbst ein kurzer Stromausfall nichts aus, gesprungen und gesungen wurde trotzdem.

Da die Kanadier aktuell kein neues Album zu promoten hatten, gab es ein astreines Hitprogramm, bei dem natürlich „Fallen Leaves“ als großer Höhepunkt nicht fehlen durfte. „Ich mag es überhaupt nicht, dieses Lied zu proben“, meinte Bassist Jon Gallant. „Wir haben das so oft gespielt. Aber wenn ich auf der Bühne stehe und die Reaktion der Leute spüre, dann liebe ich den Song immer wieder.“ Ohnehin sei die Band „die kraftvollste Vortragsweise für Rock’n’Roll“, so Gallant, der mit einem Augenzwinkern nachschob: „In zwei Jahren sind wir wieder da.“

Deutlich länger hatten die Fans in Österreich auf Jane’s Addiction warten müssen: Die kultige Rockband um Sänger Perry Farrell und Gitarrist Dave Navarro lieferte psychedelische Sounds, die zwar nicht die große Masse anzogen, aber ungemein druckvoll präsentiert wurden. Neues Material wurde zwar bereits mehrfach in Aussicht gestellt, Farrell gab sich diesbezüglich gegenüber der APA aber zurückhaltend. „Derzeit sind es einfach ein paar Songs. Es geht immer um Kompromisse. In einer Band zu sein, ist schwieriger als eine Ehe. Es ist eine Ehe mal vier“, schmunzelte der charismatische Sänger.

Applaus erhielt er übrigens auch von einem Großen des Hollywood-Kinos: „Matrix“-Star Keanu Reeves war mit seiner Band Dogstar am Nova Rock zu Gast und ließ sich neben dem Auftritt von Jane’s Addiction auch ein kleines Bad in der Menge nicht entgehen, schrieb er doch geduldig Autogramme und ließ sich für ein paar Selfies ablichten. Als Bassist machte er auch keine schlechte Figur, wobei die Musik seiner Band als gefällige Mischung zwischen Pearl Jam und U2 nicht weiter in Erinnerung bleiben dürfte.

Deutlich härter legte es Thrash-Ikone Kerry King an: Der ehemalige Slayer-Gitarrist war mit eigenem Projekt angereist, das neben Songs vom Debüt „From Hell I Rise“ auch einige Klassiker seiner Stammband servierte. Unterstützt von Könnern wie Phil Demmel (Ex-Machine Head), gab es schneidende Riffs, mächtige Drums und Feuersäulen zu erleben. Dabei habe King sich bei den ersten Konzerten „wie ein Fisch aus dem Wasser gefühlt“, hielt der 60-Jährige im APA-Gespräch fest. Nur eines fehlte: Die Ketten, die King jahrelang bei jedem Slayer-Gig an seinem Hosenbein baumeln hatte. „Die habe ich in Pension geschickt.“

Ein „Kontrastprogramm“ lieferten nach eigener Angabe die deutschen Postrocker Long Distance Calling. „Eigentlich brauchen wir Dunkelheit und stimmungsvolles Licht, dann funktioniert unsere Musik ganz anders“, lachte Drummer Janosch Rathmer im Interview. „Ein Festival mit viel Partymusik und Punkrock ist nicht unbedingt das, was für uns einfach ist.“ Abgeliefert hat die Band auf der Red Bull Stage aber dennoch, und zwar mit viel Spielfreude und Songs, die gleichermaßen kraftvoll wie atmosphärisch dargeboten wurden.

Viel Bewegung gab es bei Hot Milk: Die britische Band um Sängerin Hannah Mee und Gitarrist Jim Shaw durfte das Festival aus musikalischer Hinsicht eröffnen und eroberte die Hauptbühne im Sturm. Songs vom im Vorjahr erschienenen Debüt „A Call to the Void“ trafen auf viel Zustimmung, wobei die Mischung aus Pop, Punk und Alternative kurzweilig gelang. Der Weg kann für Hot Milk eigentlich nur nach oben führen, oder? „Man muss das ganz frech angehen“, sagte Mee. „Ich gehe immer zu den Festivalpromotern und sage zu ihnen: ‚Oh, nächstes Mal haben wir dann den Headliner-Slot, nicht wahr?‘ Du musst dich einfach aus dem Fenster lehnen.“

Insgesamt darf der erste Nova-Rock-Tag als voller Erfolg gewertet werden: Die Anreise verlief laut Veranstalter und Einsatzkräfte großteils problemlos: „Alles und alle sehr entspannt“, so das knappe Fazit. Und wer schon vorausplanen möchte: Mit Slipknot, Electric Callboy, Wanda und Lorna Shore wurden bereits die ersten Acts für 2025 bekanntgegeben.

novarock.at

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