OÖ Kultur-EXPO spürt in St. Florian dem wahren Anton Bruckner nach

Ausstellung „Wie alles begann. Bruckners Visionen“ ab 3. Mai im Augustiner-Chorherrenstift

V. l. links: Kurator Klaus Heinrich Kohrs, Kulturdirektorin Margot Nazzal, Probst Johann Holzinger, Landeshauptmann Thomas Stelzer, Stiftsorganist Andreas Ettinger am Brucknerflügel und Direktor Prof. Alfred Weidinger, OÖ Landes Kultur-GmbH in der Ausstellung „Wie alles begann. Bruckners Visionen“ im Stift St. Florian
V. l. : Kurator Klaus Heinrich Kohrs, Kulturdirektorin Margot Nazzal, Probst Johann Holzinger, Landeshauptmann Thomas Stelzer, Stiftsorganist Andreas Ettinger am Brucknerflügel und Direktor Prof. Alfred Weidinger, OÖ Landes Kultur-GmbH in der Ausstellung © Land OÖ/Peter Mayr

Es sei die Intention, mit der Ausstellung im Stift St. Florian ein realistisches Bild von Anton Bruckner, frei von Instrumentalisierung, Anekdötchen und Geschichten, zu zeigen, heißt es. „Wie alles begann. Bruckners Visionen“ (3. Mai bis 27. Oktober) heißt sie, die große Schau des neuen Formates, der OÖ KulturEXPO, die zum 200. Geburtstag des Komponisten auch viele andere Bruckner-Orte einbindet. Die äußerst gelungene und vielfältige Ausstellung im Augustiner-Chorherrenstift wurde am Donnerstag der Presse präsentiert.

Neuer Zugang

„Wir streben eine Entmythologisierung Bruckners an, wollen mit dem umfangreichen Material des Stiftes ein realistisches Bild von ihm zeichnen“, betont Kurator Klaus Heinrich Kohrs. „Geschichte, Tradition und wissenschaftliche Aufarbeitung werden hier mit modernen Elementen kombiniert und so ein neuer Zugang zu Bruckner geschaffen“, stimmt auch Landeshauptmann Thomas Stelzer ein. Eröffnet wird die Schau bewusst am Tag des Hl. Florian, der heuer zwanzig Jahre Landespatron ist. Am Wochenende kann die Ausstellung bei freiem Eintritt besucht werden.

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„An vielen Orten im Land gib es Bezüge zu Bruckner, der Unterschied zu St. Florian ist: Hier ist er!“ so Probst Johannes Holzinger launig. Und meint freilich nicht nur den Sarkophag Bruckners und die menschlichen Überreste des Komponisten: Bruckners Flügel und viele andere Gegenstände, Dokumente, Briefe, Bilder, Noten, Autografen zu Studien zur Musik bezeugen das Wirken des großen Meisters, der 13 Jahre hier verbracht hat und immer wieder zurückgekehrt ist.

Bruckner als Hologramm

Der Einstieg in die mit hochrangigen Brucknerforschern nach Themen (etwa Bruckner als Sängerknabe, als Lehrer oder als Organist) gestaltete Schau erfolgt mit einem Bruckner-Hologramm und über Reiseberichte zum altehrwürdigen Stift aus Bruckners Zeit. Bruckners Mentoren, die Pröbste Michael Arneth und Friedrich Mayer und Bruckners Kindheit rücken in den Fokus. In einer Vitrine neben Briefen, Notenpapier und anderen Dokumenten Bruckners ledernes Geldbörserl. Als Sängerknabe bekam er monatlich 50 Gulden, ein Hilfslehrer verdiente 36. Das Buch der Ehre und des Fleißes weist Bruckner als vorbildlichen Schüler aus.

Das großartige, allein schon sehenswerte Landeshauptmannzimmer präsentiert in seiner Mitte Bruckners Flügel, um den sich Schaukästen mit Dokumenten zu Bruckners Erwachsenenleben gefüllt haben. Rund 50 Mal ist er nach seiner Schul- und Organistenzeit ins Stift zurückgekehrt, „da ich dort am ruhigsten componieren kann“, wie es in einem Zitat heißt. Vier Sinfonien sind bei seinen Sommeraufenthalten entstanden.

Nachbau der Wiener Wohnung

In Bruckners Gedenkzimmer ist nun eine nahezu originalgetreue Nachbildung seiner Wiener Wohnung zu bewundern, die einen neuen Eindruck vom Selbstverständnis und Selbstbewusstsein des Komponisten entstehen lassen kann: Hatte der doch insgesamt vier Bilder von sich an den Wänden und obendrein die Gipskopie einer Büste, die sein Haupt zeigt, neben dem Bett. „Und der soll er regelmäßig den Kopf getätschelt haben mit Worten wie: ,Bist a gschickter Kampel´“, so Kohrs. Da schleicht sich dann doch auch einmal ein Anekdötchen ein.

Multimediale Pavillons

In einem von drei futuristischen Pavillons (Gestaltung March Gut) im Hof des Stiftes, die OÖ Landes-Kultur-Chef Alfred Weidinger erlebnisreich und mulitmedial bespielen lässt und von denen jeder rund 25 Personen fasst, kann man insgesamt in 140 Werke Bruckners hineinhören. In die Bruckner-Jukebox wirft man nicht ein, sondern nimmt eine der kleinen Brucknerfiguren, setzt sie an den Rand eines Monitors und wählt dann aus Bruckners Schaffen aus. Ein akustischer Hochgenuss. Der zweite Pavillon ist ein Bruckner-Kino geworden, die Leinwand befüllen 13 Kurzfilme von Künstlern und Kunststudierenden. Alle zum Thema Bruckner, kurzweilig und zeitgenössisch – man kann in roten Couchmöbeln eineinhalb Stunden genießen und versinken. Bruckners Biografie wird im dritten schrägen Häuschen erzählt, ebenfalls nach Themen im Leben des großen Oberösterreichers und von Schauspielern eingesprochen.

Er wollte nicht unter die Erde

Den würdigen Abschluss bildet ein Besuch in der Gruft, wo Universitätsprofessorin Christine Tauber dem letzten Weg Bruckners nachgeht. Bruckner habe den Wunsch, in St. Florian bestattet zu werden, mit aller Kraft betrieben und sogar damit gedroht, sonst in Steyr seine letzte Ruhestätte zu finden, erzählt Tauber. Der Komponist setzte sich in St. Florian durch und weil er auf keinen Fall als Toter unter der Erde liegen wollte, bestand er auf einem Sarkophag. Der musste aus hygienischen Gründen doppelt sein und der tote Mann entsprechend präpariert werden. Über seinem Leichnam bekam Bruckner – ebenfalls auf eigenen Wunsch – eine Glasplatte. Tauber: „So konnten ihn die Lebenden noch sehen und er hatte die Pole Position für die Auferstehung.“

Die 1,7 Mio. Euro, die das Land in die Ausstellung im Stift investiert hat, haben sich auf jeden Fall gelohnt: eine rundum gelungene Schau, die sich modern und inhaltlich und gestalterisch äußerst gelungen in das Augustiner-Chorherrenstift einfügt, das seit jeher für Weltoffenheit steht und damit auch den großen Komponisten geprägt hat. Wissenswertes und Neues wird hier anschaulich und oft auch interaktiv für jedes Alter vermittelt und dabei großer Wert auf didaktische Aufarbeitung gelegt, wie Landeskulturdirektorin Nazzal betont. Die Ausstellung im Stift wird dauerhaft bleiben, die Pavillons von der OÖ Landeskultur andernorts weiter genutzt.

Von Melanie Wagenhofer

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