Opulente Orchestermusik

Prager Symphoniker konzertierten im Brucknerhaus

Neuer Stern am Pianistenhimmel: Yulianna Avdeeva
Neuer Stern am Pianistenhimmel: Yulianna Avdeeva © Reinhard Winkler

Für das fünfte Konzert im Großen Brucknerhaus-Abonnement am Dienstag brachten die Prager Symphoniker in Maximal-Besetzung unter der Leitung von Andrey Boreyko ein außergewöhnliches Programm mit: Aufwendige slawische Musik des 20. Jahrhunderts, vorwiegend unter dem mythischen Aspekt von „Zeit“. Zunächst war „Traurige Erzählung. Vorspiel zur Ewigkeit“ des polnischen Komponisten Mieczyslaw Karlowicz zu hören: eine Art Programm-Musik aus dem Jahr 1908, die den Selbstmord eines Freundes als Ende einer psychischen Achterbahnfahrt umschreibt.

Umjubelte Pianistin

Nach dieser sinfonischen Dichtung das zweite Klavierkonzert (1912) Sergej Prokofjews, das bereits die überragende Meisterschaft seines noch jungen Schöpfers ausstrahlt. Es wurde von einem neuen Stern am Pianistenhimmel, Yulianna Avdeeva, souverän und mit bewundernswerter Virtuosität und Kultur des Anschlags interpretiert. Der Pianistin galt beträchtlicher Publikumsjubel, dem sie mit einem elegischen, ukrainischen „Lied ohne Worte“ antwortete.

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Nach der Pause erklang ein monumentales Orchesterwerk des Tschechen Miloslaw Kabelac: Die Passacaglia „Mysterium der Zeit“ (1953). Der Deutung von „Passacaglia“ als „anhaltende Dominanz eines Themas“ entsprechend, behauptet sich ein rhythmisch stark konturiertes Motiv im ganzen Stück gegenüber zahllosen Variationen; der Mythos „Zeit“ ist sozusagen unantastbar. Alexander Skrjabins letztes vollendetes Werk „Prometheus oder die Dichtung vom Feuer“ op 60 (1908-1910) bildete als theosophisch beladene, gigantomane Hymne an die Kreativität des Menschen jedenfalls den quantitativen Höhepunkt des Konzerts; zum eindrucksvollen Gesamtbild dieser musikalischen Dichtung leistete der Linzer Hard Chor, von Alexander Koller einstudiert, mit Vokalisen einen wichtigen Beitrag. Lebhafter Beifall dankte dem Dirigenten und dem von ihm umsichtig geleiteten riesigen Kollektiv; dessen tapferen Mitgliedern muss für die tadellose Bewältigung von zwei alle Kräfte fordernden Monumentalwerken wohl größte Hochachtung attestiert werden.

Von Paul Stepanek

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