Oscars: „Oppenheimer“ dürfte die Königskategorie regieren

Auf elf Nominierungen bringt es das feministische Frankenstein-Experiment „Poor Things“ mit Emma Stone.
Auf elf Nominierungen bringt es das feministische Frankenstein-Experiment „Poor Things“ mit Emma Stone. © Disney/Nishijima

Den Goldjungen hat „Oppie“ so gut wie in der Tasche. Lange sah es in der Kategorie Bester Film so aus, als wäre das Rennen in der 96. Oscar-Nacht am 10. März sperrangelweit offen.

Doch im Laufe der Award-Saison hat sich Christopher Nolans für 13 Oscars nominiertes Drama „Oppenheimer“ in der Königsdisziplin als bombensicherer Spitzenreiter durchgesetzt. Alle zehn Nominierten im Überblick.

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Bisher ging Christopher Nolan bei den Oscars leer aus

Es mag überraschen, aber Nolan ging bei den Oscars, obwohl er bereits fünf Mal nominiert war, bisher immer leer aus. Obwohl seine Filme, darunter „The Dark Knight“ (2005), „Interstellar“ (2014) und „Dunkirk“ (2017), schon fast ein Dutzend Oscars gewonnen haben, wurde noch nie ein Nolan-Film in der Hauptkategorie gewürdigt. Das wird sich in diesem Jahr sehr wahrscheinlich ändern, da „Oppenheimer“ bereits wichtige Auszeichnungen der Branche gewinnen und insgesamt 13 Oscarnominierungen ergattern konnte. Aus gutem Grund: das Historiendrama mit Cillian Murphy als „Vater der Atombombe“ ist eine erstaunlich gefilmte, anspruchsvolle, starbesetzte Charakterstudie. Auch der Ensemblesieg bei den SAG Awards „zeigt, dass er sich mit Sicherheit auf der Poleposition für den Top-Oscar befindet“, schreibt das US-Branchenblatt „Hollywood Reporter“. „It’s his to lose“, wie die Amerikaner so schön sagen.

Bisher nur ein Oscar für Regielegend Martin Scorsese

Wenn es um die Konkurrenz geht, liegt „Killers of the Flower Moon“ mit insgesamt zehn Nominierungen immer noch an der Spitze. Das dreieinhalbstündige Western-Gangster-Epos mit Robert De Niro und Leonardo DiCaprio hat bewiesen, dass Martin Scorsese immer noch einer der schärfsten Chronisten des Bösen ist. Echos seiner gesamten Filmografie über die schmutzige Wahrheit amerikanischer Mythen flackern hier ein und aus. Scorseses Nominierungsgeschichte für die Oscars ist auch nicht unerheblich, da der 81-Jährige einer der bedeutendsten amerikanischen Regisseure ist, aber bisher „nur“ einen Regieoscar für „Departed“ (2006) zu Hause stehen hat.

Ebenfalls ein Anwärter auf den Hauptpreis ist mit insgesamt elf Nominierungen das feministische Frankenstein-Experiment „Poor Things“ von Giorgos Lanthimos. Die mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnete, schwarze Komödie mit Emma Stone als Frau, die wieder zum Leben erweckt wird und sich auf eine Reise der Selbstfindung begibt, ist in allen wichtigen Kategorien nominiert. Nach dem Sieg der durchgeknallten Actionkomödie „Everything Everywhere All at Once“ im vergangenen Jahr, wissen wir, dass kein Film für die Academy „zu bizarr“ ist. Es wäre eine interessante Alternative.

Rosa „Barbie“-Hype bei den Oscars?

Könnte der „Barbie“-Hype die Oscars rosa färben? Es ist kaum denkbar. Greta Gerwigs Liebesbrief an die bekannte Plastikpuppe erhielt respektable acht Nominierungen, aber das Auslassen der Regisseurin und der Hauptdarstellerin Margot Robbie in ihren jeweiligen Kategorien schmälern die Hoffnung auf den großen Preis für „Barbie“. Als die pinke Hälfte von „Barbenheimer“ wurde 2023 kein anderer Film zu einem derartigen kulturellen Phänomen. Er spielte weltweit fast 1,5 Milliarden US-Dollar ein, was ihn zum erfolgreichsten Film des Jahres macht.

Die wehmütige Tragikomödie „The Holdovers“ hat die Herzen vieler in den kalten Wintermonaten erwärmt und konnte insgesamt fünf Nominierungen erbeuten. Dass Alexander Payne nicht auch für die beste Regie nominiert wurde, ist schade, aber er hat noch zwei Asse anderswo im Ärmel: Da’Vine Joy Randolph ist die prognostizierte Gewinnerin in der Kategorie Beste Nebendarstellerin, und Paul Giamatti ist im Rennen bei den Hauptdarstellern. Der Film steckt voller schauspielerischer Liebe.

Wenn es ein Thema gibt, zu dem sich die Oscar-Academy traditionell hingezogen fühlt, dann sind es Filme über den Holocaust. Mit „The Zone of Interest“ hat der englische Regisseur Jonathan Glazer einen Holocaust-Film wie keinen anderen gedreht. Aber es ist viel wahrscheinlicher, dass sein für insgesamt fünf Oscars nominiertes Drama mit Sandra Hüller und Christian Friedel den Preis für den Besten Internationalen Spielfilm gewinnt.

Justine Triets komplexes, fünffach nominiertes Beziehungsdrama „Anatomie eines Falls“ mit (ebenfalls) Sandra Hüller gewann bei den 76. Filmfestspielen von Cannes die Goldene Palme. Den Oscar für den besten Film wird sie wohl nicht mit nach Hause nehmen, aber allein die Nominierung zeigt, dass die Academy eine anspruchsvollere und internationaler ausgerichtete Organisation ist als je zuvor.

Über Bradley Coopers Herzensprojekt wird einfach zu wenig gesprochen

Bradley Coopers Herzensprojekt „Maestro“ ist eine ehrgeizige Charakterstudie über den großen Komponisten Leonard Bernstein, aber zum jetzigen Zeitpunkt wird einfach nicht genug darüber gesprochen. Das Gleiche gilt für das Liebesdrama „Past Lives“ der koreanisch-amerikanischen Dramatikerin und Regisseurin Celine Song und Cord Jeffersons Regiedebüt „American Fiction“, das in den USA zwar zu den größten Publikumslieblingen des vergangenen Jahres gehört (und den People’s Choice Award gewann), aber in der Königssparte wohl leer ausgehen wird.

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