„Pakt der Frauen“: Bewegende Familiengeschichte über starke Frauen

Literatur: Linzer Autorin Julia Kröhn verarbeitete eigene Erfahrungen in einem breitenwirksamen Roman

Autorin Julia Kröhn
Autorin Julia Kröhn © Kastner

Der in Linz geborenen Historikerin und Autorin Julia Kröhn ist mit „Pakt der Frauen“ ein Kunststück gelungen: Sie verwebt im Roman eine bewegende Familiengeschichte mit einem kritischen Blick auf Widrigkeiten, denen Frauen in zwei unterschiedlichen Zeiten ausgesetzt waren, und transportiert so wichtige Botschaften, verpackt in eine breitenwirksame Handlung, in der sie Fiktion und wahre Begebenheiten verbindet. Belletristik, die Mut macht, aufklärt und sich wunderbar liest.

Die in Frankfurt lebende Schriftstellerin führt über rund 350 Seiten — basierend auf eigenen Erfahrungen, der eigenen Familiengeschichte und akribischen Recherchen — zwei Handlungsebenen mit zwei überzeugenden Hauptfiguren zusammen, bis sich ein schlüssiges Gesamtbild ergibt.

Lesen Sie auch

Da wäre zum einen Katharina Adler, 1976 die einzige weibliche Dozentin am geisteswissenschaftlichen Institut der Universität Wien, die mit viel erforderlicher Kraft den männlichen reaktionären Ansichten und Vorurteilen im akademischen Betrieb trotzt. Im Rahmen eines von ihr initiierten Forschungsprojekts fällt ihr ein Kochbuch aus Polen in die Hände. Als Verfasserin ist ihre Mutter angeführt, ein Rätsel.

Für Mutter Jule ist das Auftauchen des Buches ein Schock. Sie verdrängt ein düsteres Geheimnis um Vorfälle aus dem Jahr 1945, als die Nationalsozialisten vor der anrückenden Armee aus Polen fliehen und dabei Massaker verüben.

Jule ist mit ihrem in der Rüstungsindustrie tätigen Mann vor Kriegsbeginn nach Hirschberg (heute: Jelina Góra) gezogen. Dort versorgt sie heimlich Zwangsarbeiterinnen aus dem Osten mit Essen, freundet sich mit diesen an, tauscht Rezepte aus. Über den Ausgang eines Paktes, den sie mit den Frauen schließt, schweigt Jule nach der Rückkehr nach Österreich. Da beginnt ihre Tochter Fragen zu stellen …

Die Kapitel sind abwechseln im Jahr 1976 und in den Jahren des Zweiten Weltkriegs angesiedelt. Kröhn erzählt spannend und versteht es, regelrechte Pageturner an das Ende jedes Kapitels zu setzen. Zugleich gelingt es ihr, die Atmosphäre der jeweiligen Zeit heraufzubeschwören und greifbar zu machen.

Die Fiktion hat die Historikerin so in Fakten gebettet, dass die Story glaubhaft bleibt und durchaus möglich erscheint — auch, weil der Kern des Buches Wahrheit enthält und auf Kröhns eigener erstaunlicher Familienchronik basiert.

Die Rollenstereotypen, mit denen Frauen konfrontiert waren und sind, nimmt Kröhn pointiert aufs Korn. Das Leid der Zwangsarbeiterinnen schildert sie ungeschönt. Sie lässt ihre Leserschaft auch zwischendurch durchatmen, wenn sich etwa eine Romanze zwischen Katharina und einem Kollegen anbahnt. Doch hier bleibt die Autorin geschickt vage, verkitscht ihren Roman nicht, ihren 45. unter eigenem Namen und Pseudonymen übrigens.

Das könnte Sie auch interessieren