Pointen, Komik und Klamauk bis an die Schmerzgrenze

Neufassung des Klassikers „Pension Schöller“ im Linzer Schauspielhaus

Pension Schöller und ihre exzentrischen Dauergäste
Pension Schöller und ihre exzentrischen Dauergäste © Herwig Prammer

Eine Boulevardkomödie ist laut Definition ein unterhaltsames Theaterstück, in dem „die steten Überraschungen und Verwechslungen wichtiger sind als der literarische Gehalt“. Insofern wird das Schauspielhaus in Linz mit der Neufassung des Boulevard-Klassikers „Pension Schöller“ der Definition hundertprozentig gerecht. Ein Abend voller Pointen und Situationskomik, die phasenweise zum Klamauk bis an die Schmerzgrenze mutiert. Premiere war am Freitag.

Vorlage aus 1890

Die ursprüngliche Fassung stammt von Wilhelm Jacoby und Carl Laufs aus 1890 und wurde in Berlin uraufgeführt. Philipp Klapproth kommt aus der Provinz nach Berlin, um dort einmal richtig etwas zu erleben. Seine ausgefallene Idee: Er möchte einmal eine echte geschlossene Anstalt mit ebenso echten Verrückten von Innen sehen. Neffe Alfred will dem Erbonkel zu Diensten sein und heckt den Plan aus, die Pension Schöller mit ihren exzentrischen Dauergästen als Irrenanstalt zu präsentieren. Damit sind die Voraussetzungen für Überraschungen und Verwechslungen im Sinne der eingangs erwähnten Definition ebenso gegeben wie für handfeste Komik. Soweit das Original, das zigmal bearbeitet und verfilmt wurde.

Bunte Neufassung

Für das Linzer Landestheater nahm sich Susanne Lietzow den Boulevard-Klassiker vor, nicht nur als Regisseurin, sondern gleich mit einer Neufassung, der sie den Untertitel „Der Bunte Abend“ anfügt. Bunt ist ein Hilfsausdruck für das, was sich zweieinhalb Stunden lang — mit Pause — abspielt. Einschließlich der „bunten“ Bühnengestaltung von Aurel Lenfert und der Kostüme von Jasna Bosnjak. Man hat in der Tat selten so viele skurrile Figuren in einem Stück gesehen wie hier. Das beginnt schon bei der ersten Szene in einer zwielichtigen Berliner Kneipe. Hier treten auch schon jene ausgefallenen Typen in Erscheinung, die sich durch das Stück ziehen: Ein „Major“ und Hitler-Verschnitt im Rollstuhl, ein junger Möchte-gern-Schauspieler mit Sprachfehler, eine überkandidelte Schriftstellerin, ein Globetrotter mit Dauer-Erektion und ein Gast, der ständig mit einem Automaten kämpft. Nicht zuletzt ein Transvestit. Letzteres offensichtlich als Reverenz der Autorin Lietzow an den heutigen Zeitgeist, ebenso wie die skurril-absurden Szenen der „freien Sexualität“. Auch der Zuschauerraum wird phasenweise ins Geschehen einbezogen. Wenn der Möchte-gern-Schauspieler vor der Polizei durch den Saal flüchtet und sich schließlich am Boden festklebt, dann bedarf es keiner weiteren Erklärungen zum Thema „Aktualität“.

In der vermeintlichen Irrenanstalt Pension Schöller folgt ein Feuerwerk an Pointen und turbulenter Situationskomik, gerade hier widersteht die ideenreiche Regisseurin dem Hang zum Klamauk nicht, vielleicht will sie diesen bewusst einsetzen, um das Publikum herauszufordern: „Trau´n Sie sich einfach nur zu lachen!“ Und das gelingt durchgehend.

Ensemble in Hochform

Im zweiten Teil rückt der Klamauk etwas in den Hintergrund, die komischen Situationen gewinnen dadurch an Gehalt und die Darsteller — allen voran Christian Taubenheim als schwer gestresster Philipp Klapproth — können sich schauspielerisch besser beweisen als im ersten Teil mit den akrobatischen Einlagen und turbulenten Zwischenfällen. Zum Schluss dominiert wieder — im wörtlichen Sinn — das Geschehen auf dem Bühnenboden. Mehr sei hier nicht verraten. Das Ensemble läuft jedenfalls zur Hochform auf, jede(n) Einzelne(n) mit seiner spezifischen Rollengestaltung hier namentlich anzuführen, würde den Rahmen sprengen. Die erkennbare Spiellaune auf der Bühne ist ein weiterer Funke, der auf das Publikum überspringt und zum Gelingen dieses doch recht ungewöhnlichen Komödienabends beiträgt. Nimmt man den Schlussapplaus bei der Premiere als Maßstab, dann ist dem Landestheater ein „Publikumsrenner“ gelungen.

Von Werner Rohrhofer

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