Pompöse „Rocky Horror Show“ im Schlossgraben

Musikfestival Steyr feiert mit umjubelter Musical-Premiere runden Geburtstag

Beim kultigen „Time Warp“ tanzen alle mit, auf der Open Air-Bühne und im Publikum, „A step to the left and a jump to the right“ tönt es synchron aus hunderten Kehlen und die Besucher hopsen ausgelassen nach links und nach rechts im Takt, reißen die Arme in die Höhe und machen mit beim Zeitsprung ins vierte Jahrzehnt des Musikfestivals Steyr. Dieses feiert sich selbst an diesem Premierenabend mit dem bizarren Kultmusical „Rocky Horror Show“ von Richard O´Brian aus dem Jahre 1973, sowie das erfolgreiche Showbusiness in den vergangenen dreißig Jahren.

Mastermind dahinter ist Festival-Intendant Karl Michael Ebner, den Landeshauptmann Thomas Stelzer mit dem Silbernen Verdienstzeichen des Landes Oberösterreich würdigt. Für dessen Mut, neue Wege zu beschreiten und das kulturelle Leben der Region zu bereichern, so Stelzer, der neben zahlreichen weiteren Spitzenpolitikern und Vertretern der Wirtschaft als Ehrengast zur Premiere gekommen ist.

Die aktuelle Wiederaufnahme und Neuinszenierung der „Rocky Horror Show“ ist auch ein Zeitsprung zurück in die Anfänge, gleichsam eine Reminiszenz an die frühen Jahre des Musikfestivals Steyr, als sich dieses vor über 20 Jahren mit großem Erfolg an eine Aufführung der Mutter aller Musicals am damaligen Spielort, dem Alten Theater in Steyr heranwagte.

Der gesamte Cast ist ein Glücksgriff

Im Jubiläumsjahr inszeniert Regisseurin Susanne Sommer den Science-Fiction-basierten Kult-Klassiker im Steyrer Schlossgraben auf eine moderne, frivole und freizügige Art, die durchaus auf internationalem Niveau mithalten kann.

Die von Horrorfilm-Ästhetik und Transsexualität durchzogene Handlung wird von einer musikalisch und schauspielerisch erstklassigen Darsteller-Riege überzeugend zum Leben erweckt. Allen voran der deutsche Musical-Rising-Star Christian Funk als außerirdischer Dr. Frank N. Furter, der mit seinem selbst erschaffenen Lustobjekt Rocky alias Michael Konicek und dem unschuldig naiven Besucherpaar Brad und Janet hinterhältig verdorbene Spielchen inszeniert.

Funk spielt nicht nur, er verkörpert diese Rolle wie ein Alter-Ego, wenn er mehr als gekonnt zwei Stunden lang in High-Heels, Strapsen und Korsage mit sonorer Bariton-Stimme die Treppen der einstöckigen Freiluftbühne auf und ab eilt, als würde er hier in diesem Schloss wohnen.

Seinem Reiz erliegen nicht nur Brad, alias Ben Connor, sondern auch eine hinreißende Rebecca Soumagné in der Rolle der prüden Janet, die hier eine großartige schauspielerische Wandlung von der biederen Verlobten zum sexy Vamp im schwarzen Korsett samt Nippelquasten hinlegt. In weiteren Hauptrollen brillieren eine stimmgewaltige Jil Clesse als eigenwillige Dienerin Magenta und ein virtuoser Christoph Stocker als deren Bruder und Hausmeister Riff Raff, darstellerisch angesiedelt zwischen Punk und Nosferatu.

Der gesamte Cast ist ein Glücksgriff und rockt gemeinsam mit der exquisiten Liveband um Andreas Brencic am Piano und Gitarrist Carl-Michael Bart einen Hitsong nach dem anderen, darunter „Sweet Transvestite“, „Touch-A, Touch Me“ oder eben „The Time Warp“.

Schräge Kostüme und ein tolles Bühnenbild

Mehr als gelungen auch das fantasievoll schräge und schillernde Kostümdesign von Wolfgang Perner und das am Retro-Steampunk angelehnte Bühnenbild samt Visuals von Andreas „Ivo“ Ivanscisc, das dem kultigen Hollywood-Vampirfilm „From Dusk Till Dawn“ von Robert Rodriguez mit George Clooney und Quentin Tarantino aus dem Jahr 1996 zu aller Ehre gereicht.

Standing Ovations und lang anhaltender Beifall am Ende der Aufführung sowie der „Time Warp“ zum wiederholten Mal zum Abtanzen für das begeisterte Publikum. Ein unvergesslicher Musical-Abend der transsilvanischen Art also im Schlossgraben von Steyr, bei dem auch die Schlossgeister eifrig applaudierten.

Von Barbara Duftschmid

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