Poollandschaft der Seele im Linzer OK

Aus Istanbul stammende junge Künstlerin Esra Gülmen zeigt ihre erste Ausstellung

Esra Gülmens Poollandschaft im LInzer OK: „Uncensorable, Little Girl in The Pool“
Esra Gülmens Poollandschaft im LInzer OK: „Uncensorable, Little Girl in The Pool“ © Michael Maritsch

Ein riesiger, fast drei Meter hoher glänzender, schwarzer Müllsack füllt das Innere der Kapelle am Linzer OK-Platz. Ihn wiederum hat Esra Gülram (Jg. 1986) mit alten Gefühlen vollgestopft. So steht es auch plakativ als Titel auf der aus Polyester gegossenen Arbeit aus 2023: „Yesterdays Feelings“.

Die Künstlerin verarbeitet in ihren Werken Biografisches, Gegenwärtiges und Vergangenes und lässt dabei dem Betrachter viel Raum für eigene Interpretationen — so wie in ihren anderen Werken, die bis 26. Juni im Erdgeschoß unter dem Titel „I WAS I AM“ im Linzer OK zu sehen sind.

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Gülmen wurde in Istanbul geborgen, hat dort Innenarchitektur studiert und als Dozentin gearbeitet, ehe sie nach Berlin in eine Werbeagentur gewechselt hat. Viermal hat sie einen renommierten Preis als Illustratorin gewonnen, seit kurzem lebt sie in Wien und widmet sich ganz der Kunst, hat sich von vielem befreit.

Die OÖ Landeskultur Gmbh fördert mit einer eigenen Programmschiene junge zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler, im OK zeigt Gülmen ihre erste Ausstellung, ein installatives Setting, das für die Räumlichkeiten entstanden ist. „Es ist sehr aufregend und besonders, eine junge Künstlerin und ihre ersten Ideen zu begleiten“, freut sich Kuratorin Maria Venzl. Gülmens Grundthema sei die Paradoxie und Komplexität des Lebens, die sie anhand von zeitgenössischen Motiven sichtbar mache.

Ein Lebensweg als Mosaik

Eine Poollandschaft aus Fliesen samt Handlauf zum Einsteigen empfängt den Besucher beim Betreten des ersten Ausstellungsraumes. Fast verspürt man Lust, in das Mosaik, das kühles, blaues Nass verheißt, einzutauchen. In der Mitte der Arbeit mit dem Titel „Uncensorable, Little Girl in The Pool“ ist schemenhaft ein tauchendes Mädchen zu erkennen.

Die Arbeiten sind von einer Leichtigkeit und einer großen Ästhetik, dahinter verbergen sich ernste Gedanken und Gefühle: Die Taucherin etwa steht auch für Gülmens eigenen Weg, die in einem religiösen Umfeld aufwächst und deren Leben sich hin zu einem selbstbestimmten Dasein als Künstlerin entwickelt.

Die Soundinstallation dazu lässt glückliche vorwiegend männliche Stimmen beim Freizeitvergnügen erklingen. Sie möchte mit ihrer Arbeit die Situation nicht kritisch betrachten, wie sie bei der Präsentation betont, sondern diese viel mehr erkunden, auf Zustände verweisen.

Wippen der Gegensätze

Die sieben schwarzen Wippen („Controversy Teeter/Totter“) im zweiten Raum laden ein, aufzusteigen und die Balance zu suchen, zwischen Love and Hate, Yes and No und anderen Gegensätzen unseres Lebens, mit denen Gülmen die Sitzflächen beschriftet hat. „Ups and Downs, Unsicherheiten, wie sie jeder hat, kein Entweder-Oder“, so die Künstlerin. Eine gelungene, kleine Schau, die viele ansprechen wird. Prädikat: Äußerst sehenswert.

Übrigens: Im Mai zieht das legendäre russische Performancekollektiv Pussy Riot als nächste Gruppe zeitgenössischer junger Künstlerinnen mit Arbeiten ins OK ein.

Von Melanie Wagenhofer

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