Popstar jenseits der Alten Meister

Countertenor Jakub Jósef Orlinski begeistert im Linzer Musiktheater mit „Beyond“

Ein echter Popstar: Jakub Jósef Orlinski
Ein echter Popstar: Jakub Jósef Orlinski © Brunnader

Er ist ein echter Popstar geworden. Mit seinem neuen Programm „Beyond“ geht der polnische Countertenor Jakub Jósef Orlinski über ausgetretene Pfade der Aufführungspraxis Alter Musik hinaus. So agiert er ganz nebenbei als Breakdancer während seiner Auftritte, ganz abgesehen von seiner besonderen Stimme, die der 32-Jährige in einem unglaublich vielfältigen Programm mit dem international gefeierten Barock-Ensemble Il Pomo d’Oro auf seiner Europa-Tour derzeit präsentiert.

Auf der abgedunkelten großen Bühne des Musiktheaters Linz, nur vom Scheinwerferlicht verfolgt, betritt Orlinski in einen schwarzen Umhang gehüllt als Ottone die Szene. Mit dunkel gefärbtem Countertenor beklagt er in der Arie von Claudio Monteverdi ausdrucksstark, dass seine Geliebte Poppea zu Neros Mätresse geworden ist. Nach einem Passacaglio von Biago Marini verwandelt sich Orlinski in einem beigefarbenen Anzug zum jugendlichen Liebhaber, der die schöne Amarilli mit jugendlich frischen Höhen anhimmelt. Die Arie von Giulio Caccini ist ein Solo-Madrigal aus dessen Melodien-Sammlung „Le nuove musiche“. Regelrecht wütend gibt der Sänger danach mit schneidenden Höhen in scharfen Koloraturen den zurückgewiesenen Liebhaber in einer Arie von Girolamo Frescobaldi. Weiterer Glanzpunkt sind die Arien aus der Oper „La Filli“ von Giovanni Cesare Netti. In „Misero core“ begeistert der Countertenor als Berillo mit leuchtenden Koloraturen sowie Beweglichkeit in der Stimme und punktet in „Dolcissime catene“ mit strahlenden Höhen und weicher Stimmführung.

Zwischen Radschlagen und Koloraturen

Daneben zeigt Orlinski auch seine tänzerischen und akrobatischen Fähigkeiten, von der Musik durchströmt, schlägt er kurzerhand ein Rad auf der Bühne oder zeigt eine Schraube und singt mit jugendlicher Kondition nahtlos weiter. Auch sein komödiantisches Talent beweist er, etwa während eines grandiosen Gitarren-Solos von Miguel Rincon, bei dem die beiden in ein humorvolles Wechselspiel treten. Danach geht es lustig weiter. Orlinski verwandelt sich in eine alte Frau und gibt mit gebückter Haltung und absichtlich schrägen Tönen die „Donna veccia“ aus Nettis Oper „L’Adamiro“. Den glanzvollen Abschluss des Programms bietet dann die Arie des Amor aus der Oper „La Faretra smarrita“ von Sebastiano Moratelli. Hier zieht Orlinski noch einmal mit strahlenden Koloraturen alle Register seines Könnens.

Überschwänglicher Applaus und „Bravo-Rufe“ leiten dann vier Zugaben ein, darunter die Arie des Eliogabalo aus Francesco Cavallis gleichnamiger Oper.

Danach wird das Publikum aufgefordert dem charismatischen Sänger bei dessen Koloraturen als Echo zu folgen, ehe die Vorstellung mit einigen weiteren Breakdance Sprüngen und Standing Ovations endet. Ein herausragender Abend also, bei dem Orlinski das auf ihn zugeschnittene Programm mit dem Ensemble Il Pomo d’Oro virtuos umsetzt und es ihm gelingt, eine bemerkenswerte Nähe zum Publikum herzustellen.

Von Barbara Duftschmid

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