Roman Summereder begeistert im Brucknerhaus mit betörendem Orgelklang

Die „Erfindung der Moderne“ lautet das Motto des diesjährigen Festival 4020, was nirgends besser gepasst hätte als für den Orgelabend am Donnerstag im Brucknerhaus, wo ein mächtiges, orgelkundiges Häuflein von Besuchern ein ereignisreiches Konzert erleben konnte. Der international bekannte Konzertorganist Roman Summereder, für seine Forschungsarbeiten und pädagogischen Leistungen an der Musikhochschule Wien mehrfach ausgezeichnet, war als gebürtiger Oberösterreicher schon lange ein Wunschkandidat für sein Debüt an der Brucknerhausorgel.

Spezialprogramm mit unorthodoxen Raritäten

Endlich kamen wir in den Genuss seiner technischen Virtuosität und profunden Kenntnis der Orgelliteratur, wenn es – wie diesmal – um ein Spezialprogramm mit unorthodoxen Raritäten in der „Erfindung der Moderne“ ging. Summereder fand Zugstücke individueller Sprache zur Auswahl und brachte sie zu unvergleichlich brillanten Aufführungen.

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Das klug aufgebaute Programm, meisterhaft gespielt, hatte man mit großer Vorsicht zu genießen, um bei den prominenten Namen ihre Werke vergleichsweise gegenüberstellen zu können. Irgendwie haben sie die Moderne in der Orgelmusik mit gleicher Genialität erfunden. Und irgendwie oder irgendwo geisterte blitzartig oft J.S. Bach als barocker „Urvater“ durch das Fantasiegeflecht ihrer Einfälle.

Franz Schmidt begann den Reigen mit zwei Zwischenspielen aus seinem berühmten Oratorium „Das Buch mit sieben Siegeln“, ekstatisch aufblühend als Kontraste, darauf Leos Janaceks faszinierende Kostprobe aus seiner „Glagolitischen Messe“ im barbarischen Stil, bei dem sich jeder Profichor fast die Zähne ausbeißt, dann die „Passacaille“ des Schweizers Frank Martin mit kunstvoller Kontrapunktik, weiters die Invention „In te, Domine, sparavi“  des Schweizers Klaus Huber. Und dann vor der Pause ein uraufgeführtes Choralvorspiel von Klaus Huber mit dem versteckten Choral „Großer Gott …“, ein düster-sakrales Gemälde mit übereinander geschichteten Akkorden, ein visionäres Gebet, farbig registriert von Summereder, das sehr beeindruckte.

Bewundernswerte Meisterleistung

Der zweite Programmteil startete mit dem 14-jährigen Wunderkind Ferrucio Busoni und seinem Orgelsolo aus dem Intermezzo des „Faust-Dramas“, leider nicht mehr fertiggestellt, mit etwas mehr melodischen Klängen, alles andere als atonal. Und von Charles Ives „Adeste Fideles“, eine verhaltene Choralbearbeitung, brachte dem Komponisten auch in Amerika Ansehen ein. Freilich, das gewaltige Pleno der Orgel ertönte berauschend durch Summereders Meisterschaft beim Schönberg-Finale. In dem Satzfragment aus einer Orgelsonate des 1933 nach Amerika emigrierten Tonsetzers und in Variationen über ein Rezitativ in einer Zwölftonreihe, beide mit Bach beschwörender Geste.

Insgesamt eine bewundernswerte Meisterleistung von Summereder, wahrscheinlich nicht unbedingt zur Gänze sein Leibprogramm, das man von ihm schon hörte. Möge auch der andere Summereder nach Linz wieder kommen.

Von Georgina Szeless

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