Sanftes Plädoyer für Einzigartigkeit

„Lass mich fliegen“ – Einblick in das Leben mit dem Downsyndrom

Regisseurin Evelyne Faye (kleines Bild) begleitet mehrere junge Erwachsene mit Downsyndrom durch deren Alltag. Sie ist selbst Mutter einer Tochter mit Trisomie 21.
Regisseurin Evelyne Faye (kleines Bild) begleitet mehrere junge Erwachsene mit Downsyndrom durch deren Alltag. Sie ist selbst Mutter einer Tochter mit Trisomie 21. © NGF/Philipp Horak

Die Tochter von Regisseurin Evelyne Faye ist einzigartig. Nach der Geburt erntete die Mutter aber mitleidige Blicke und Beileidsbekundungen. Denn ihr Kind kam mit Downsyndrom auf die Welt. Um zu zeigen, dass eine Diagnose allein nicht das Leben bestimmt, porträtierte sie für ihren Dokumentarfilm „Lass mich fliegen“ nun junge Erwachsene mit Trisomie 21. Sie zeigen, was alles möglich ist, wenn man nicht sofort in eine Schublade gesteckt wird. Seit 17. März im Kino.

Die Kamera folgt ihnen ins Bad und in die Küche

Da wäre das Pärchen Raphael und Johanna. Die Kamera folgt ihnen ins Bad zum Zähne putzen, in den Supermarkt zum Einkaufen und in die Küche zum Kochen. Auch zur Tanzgruppe „Ich bin o.k.“ werden die Zuseher mitgenommen, wo die beiden bei einer mit Klavierklängen unterlegten Tanzeinlage sichtlich aufblühen. In Interviewsituationen geben sie preis, dass sie sich heiß lieben und für immer zusammen sein möchten. Auch eine Hochzeit und ein Kind wünschen sie sich. Andrea wiederum ist Opernfan, hält Vorträge über ihr Leben mit Downsyndrom und wünscht sich eine Fixanstellung als Betreuungsassistentin für Menschen mit Demenz.

Die Wahlwienerin Faye lässt in ihrem 80-minütigem Erstlingswerk den Protagonisten viel Raum. Nur selten sind auch Angehörige im Bild. Gerade in diesen Situationen gibt es für das Publikum dann aber so manches zu schlucken. Etwa wenn Andrea ihrer Schwester bockig zu verstehen gibt, dass sie nicht wegziehen darf, ohne groß auf deren Gefühle Rücksicht zu nehmen.

Experten kommen bewusst nicht zu Wort

Experten kommen laut der Regisseurin bewusst nicht zu Wort. „Wenn man ständig über die betroffene Person spricht, dann lässt diese die unterlegene Position irgendwann einmal zu und wird so, wie man sie darstellt. Wenn man ihr aber den Raum gibt, um sich auszudrücken, eröffnet sich eine völlig andere Welt“, hält sie auf der Homepage zum Film fest.

Alles in allem gelingt es Faye gut, die jungen Erwachsenen nicht vorzuführen. Auch kippt „Lass mich fliegen“ nur selten ins Gefühlsduselige. Es bleibt ein sanfter, stimmungsvoller Blick auf den Alltag von Individuen, wobei das Leben und nicht die Diagnose im Mittelpunkt steht.

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