„Schöne neue Welt“ statt Macht und Rache

Salzkammergut Festwochen: Gelungene Neuinszenierung von Shakespeares „Sturm“ in Gmunden

William Shakespeares handlungs- und figurenreiches Drama „Sturm“ aus dem Jahr 1611 in ein Drei-Personen-Stück zu verwandeln, ist an sich schon ein Wagnis, es zudem in spezieller Übersetzung auf die Bühne zu bringen, dazu gehört Mut. Diesen beweisen die Salzkammergut Festwochen in einer Koproduktion mit dem Stadttheater Klagenfurt. Die vom Publikum heftig akklamierte Premiere war am Samstag im Stadttheater Gmunden.

Kern herausgearbeitet

„Sturm“ ist bei Shakespeare ein geniales und vielschichtiges Werk aus Macht, Intrige, Rache, aber auch Vergangenheitsbewältigung, Humanität und Romantik. Diesen Kern herauszuarbeiten, das war das Anliegen der Festwochen-Neuinszenierung von Moritz Franz Beichl in der Fassung und Übersetzung von Joachim Lux. Die Dramaturgie lag in den Händen von Hans Mrak. Die Sprache pendelt zwischen Alltags-Tonalität und gebundener Form im Sinne traditioneller Shakespeare-Übersetzungen ins Deutsche.

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Brutaler Zauber

Prospero, der mit Zauberkräften ausgestattete Herzog von Mailand, wird von seinem Bruder Antonio vertrieben und landet mit seiner Tochter Miranda auf einer kargen Insel. Die Naturgeister Ariel und Caliban werden seine Diener. Prospero leidet unter dem Unrecht, das ihm in der Vergangenheit geschah, er sinnt auf Rache und Gerechtigkeit. Dafür ist er bereit, seine Zauberkräfte brutal einzusetzen. Er befiehlt dem „Luftgeist“ Ariel, einen Sturm zu entfachen und das Schiff seines Bruders Antonio, auf dem sich auch der Königssohn Fernando befindet, in die Katastrophe zu führen. Prosperos Feinde stranden auf der Insel, doch dieser besinnt sich schließlich in hartem Ringen mit sich selbst und verzichtet auf Rache. Er gibt auch der Liebe Mirandas zu Fernando seinen Segen. Und er verzichtet auf seine Zauberkräfte. Eine „schöne neue Welt“ (Zitat Shakespeare) erscheint am Horizont.

Brillante Darsteller

In der Gmundner Inszenierung wird Prospero von der Wiener Schauspielerin Sona MacDonald ebenso eindringlich wie brillant verkörpert. Zugleich ein Symbol dafür, dass Macht, Rache und auch Menschlichkeit nichts mit Mann- oder Frausein zu tun haben. Sebastian Wendelin, freischaffender Schauspieler aus Wien, ist ein „Ariel“, der diese Figur gekonnt vielschichtig gestaltet, je nach dem Befehl von Prospero. Manchmal clownesk, dann wieder als „Fernando“ romantisch oder eben als überforderter Luftgeist. Die Tirolerin Josephine Bloeb bewältigt die schwierige Rolle des Monsters „Caliban“ in jeder Phase, verwandelt sich aber auch überzeugend in die Tochter Miranda.

Musik wesentlich

Die Musik von Fabian Kuss ist ein wesentliches Element der jeweiligen Situation und vor allem auch der Stimmungslage Prosperos, wobei der teilweise Sprechgesang den Eindruck noch verstärkt. Das Bühnenbild von Robin Metzer steht ganz im Zeichen des Geschehens: dunkle Felsen, die am Schluss, wenn Verzeihen statt Rache angesagt ist, einem blau-weißen Wolkenhimmel weichen.

Ein Highlight der Festwochen Gmunden und ein neuer Zugang zu einem Shakespeare-Drama. Als Zuschauer über dessen Inhalt vorab ein wenig Bescheid zu wissen, schadet freilich nicht.

Von Werner Rohrhofer

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