Song Contest, 2. Halbfinale: Kaleens Konkurrenz schläft nicht

Am Donnerstag treten 16 Länder zur Vorausscheidung an

Spaßvogel Joost Klein tritt für die Niederlande an. © AFP/TT News Agency/Jessica GOW

Am Donnerstag wird es für Kaleen nun ernst. Dann startet Österreichs heurige ESC-Vertreterin mit ihrem Song „We Will Rave“ ins Rennen um ein Finalticket beim 68. Eurovision Song Contest.

16 Länder treten insgesamt beim 2. Halbfinale in der Malmö Arena gegeneinander an. Und Kaleen hat durchaus harte Gegner vor sich, das Konzept eine Sängerin und vier Tänzer kommt gleich mehrfach vor. Der ORF 1 überträgt den Bewerb am Donnerstag ab 21 Uhr live.

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Gängiges Konzept: Eine Sängerin und vier Tänzer

In Bezug auf die überschaubare Bühnengarderobe, vier ebenfalls nicht direkt in
Wollpullis gewandete Backgroundtänzer und die Discotauglichkeit macht Maltas
Sarah Bonnici (Titel „Loop“) Österreichs Kaleen massive Konkurrenz. Besa zählt zu den etablierten Musikgrößen Albaniens und war schon als Coach für „The Voice of Albania“ tätig. Sie tritt mit einer Mischung aus Hip-Hop und ESC-Ballade an.

Eine Frau mit vier Tänzern im Hintergrund und in knappem Outfit? Nein, auch
das ist nicht Kaleen, sondern Griechenlands Marina Satti, die den ungewöhnlichen Song „Zari“ im Reggaeton-Stil im Angebot hat, also Folklore, Hip-Hop und noch so manch
anderes verbindet.

Schweiz als Fixaufsteiger gehandelt

Der Schweizer Act Nemo wurde mit „The Code“ von den Buchmachern lange als Gewinner des heurigen ESC gehandelt – bis die Proben in Malmö begannen. Nemo, sich selbst als nonbinär definierend, tritt im rosafarbenen Federnoutfit und mit einer zwischen harten Beats und Falsett changierenden Nummer an, deren Inszenierung hinter der Monumentalität des Songs etwas zurückbleibt. Aber dennoch ein absoluter Fixaufsteiger.

Aiko aus Tschechien setzt auf vier Tänzerinnen hinter sich – um genau zu sein auf vier Klone von sich. Allen gemein ist der blanke Oberkörper, der nur notdürftig von einem Netzhemd verdeckt wird und ein eigentlich sehr zeitgemäßer Popsong  („Pedestal“) über Selbstermächtigung im Dua-Lipa-Stil.

Vier Tänzer und eine Disco-Queen – jetzt ist es aber wirklich Kaleen. Österreichs Kandidatin kämpft mit harten Beats um die clubaffine ESC-Crowd und setzt dabei vor allem auf ihre tänzerischen Fähigkeiten. Die Zeichen stehen auf Finaleinzug.

Herausgeschrieenes Leid kommt heuer aus Dänemark, wenn Saba ein Haus aus Sand beklagt, das man sich in der Beziehung erbaut habe, Songtitel – no na – „Sand“.

Fraktion Folklore

Das Duo Ladaniva – bestehend aus der albanischen Sängerin Jaklin Baghdasaryan und dem Multiinstrumentalisten Louis Thomas aus Frankreich – ist heuer für die Fraktion Folklore zuständig und tritt für Armenien an. Putzig-liebenswertes Trachtentheater unter dem Titel „Jako“, das sympathisch daherkommt und gute Aufstiegschancen hat.

Auch Lettland kann Weltschmerz und schickt Dons mit rasiertem Schädel und auch sonst wenig Tand auf die Bühne. Ein wenig wie ein Mitglied der Blue-Man-Group ohne blaue Farbe im Gesicht plädiert er in „Hollow“ für ein Leben gegen die Konventionen.

Sara Jiménez Moral sieht nicht unbedingt so aus, wie man sich die Kandidatin einer Mönchsrepublik wie San Marino vorstellt. Zwar kommt ihre harte Electronummer „11:11“ in Rosa daher, allerdings trägt die Sängerin Echsenkamm am Rücken, während die Mitglieder ihrer Band Megara als Horrorhasen auf der Bühne erscheinen. Originell in jedem Falle, wenn auch von den Buchmachern als Ausscheidenummer gereiht.

Eine Frau im kurzen Kleid mit vier Tänzern im Hintergrund? Kommt uns schon bekannt vor? In jedem Falle schreit Georgiens Nutsa Buzaladze mit „Fire Fighter“ das entsprechende Element an, weshalb es auch bei der Bühnenshow heiß hergeht.

Für Belgien setzt der Brüsseler Sänger Mustii auf freien Oberkörper und Stimmkraft bei einer Poprhapsodie, die in Iggy-Pop-Tradition daherkommt und dazu aufruft, das Leben trotz aller Rückschläge auszukosten.

Der längste Song-Titel aller Zeiten

Estland ist neuer Rekordhalter in Bezug auf den längsten ESC-Titel aller Zeiten: „(Nendest) narkootikum idest ei tea me (küll) midagi“ (übersetzt in etwa „Wir wissen (wirklich) nichts über (diese) Droge“) hat aber auch zwei Väter: Die Hip-Hopper der Formation 5Miinust und das Folkduo Puuluup. Dazu mittelalterliche Talharpas, und fertig ist eine der schrägsten Nummern des heurigen Contests, die in einem sparsam inszenierten Duell der beiden Acts daherkommt.

Einer jener Auftritte im 2. Halbfinale, der mit der größten Spannung erwartet wird, ist wohl zweifelsohne jener von Eden Golan aus Israel. Den Text von „Hurricane“ musste die Sängerin ändern, weil er zunächst als zu politisch wahrgenommen wurde. Außerdem wird die 20-Jährige vom israelischen Geheimdienst in Malmö wegen der Befürchtung antisemitischer Attacken besonders geschützt. Ungeachtet derlei Unbill wird ihrer konventionellen wie stilsicheren Popballade ein Finaleinzug prognostiziert.

Die norwegische Gruppe Gåte singt heuer in Landessprache und hat dabei monumentalen Folk-Rock im Angebot. Ein bisschen dunkles Mittelalter gegen all die bunten Gute-Laune-Farben der Konkurrenz.

Joost Klein zählt heuer fraglos zu den Spaßkandidaten, ist aber doch keine Witznummer mit seinem „Europapa“. Schließlich wird der 26-jährige Niederländer, der im blondierten Retrostil und mit Schulterpolstern daherkommt, die selbst in den 80ern als für zu exzentrisch gegolten hätten, im erweiterten Kreis der Favoriten auf einen Gesamtsieg gesehen. Inhaltlich ist das Ganze auch weniger humorvoll, geht es doch um ein Waisenkind, das durch Europa zieht. Und mit „Friesenjung“ kann Joost gemeinsam mit Ski Aggu und Otto Waalkes auch auf einen veritablen Millionenhit und die entsprechende Fanbase verweisen.

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